Friedrich Trump im deutschen Wahlkampf

von Natascha Strobl

Illustration: Lea Berndorfer

Die Diskursstrategien des Trumpismus sind bei den deutschen Konservativen angekommen.


364 wörter
~2 minuten

Auf Provokationen sollte man nicht eingehen; sie zu ignorieren, zumal wenn sie von einem wichtigen Politiker kommen, ist aber auch keine Lösung. Von diesem Dilemma hat schon Donald Trump profitiert. Mit haarsträubenden Behauptungen und absurden Vorschlägen hat er nicht nur im zurückliegenden Präsidentschaftswahlkampf den news cycle bestimmt. Seine O-Töne wurden quasi live übertragen – dazu die empörten Reaktionen, die Faktenchecks und die Analysen. Und da kam auch schon die nächste Aussage von Trump. Das führte dazu, dass er mehr am Bildschirm zu sehen war als alle anderen Kandidaten, ganz gleich welcher Partei. Gebannt wurde auf jedes noch so irrelevante Townhall-Meeting geblickt. In schierer Angstlust wurde erwartet, was er denn diesmal von sich geben würde. Im Beherrschen der politmedialen Aufmerksamkeitsökonomie konnte Trump niemand das Wasser reichen.

Nun gibt es in Deutschland keinen, der das so kompromisslos anwenden könnte wie Donald Trump. (Im Gegensatz zu Österreich im Übrigen.) Das heißt aber nicht, dass man es nicht ein wenig versuchen würde. Ganz in Trump-Manier feuerte der CDU-Rechtsaußen Friedrich Merz Mitte August zwei Tweets raus, um zu testen, ob er sich im Trump’schen Fahrwasser bewegen könne. Merz zeichnete die Dystopie einer möglichen grünen Regierungsbeteiligung. Willkürlich und despotisch könnte ein grüner Klimaschutzminister Gesetze stoppen, nicht integrierbare Migrantenhorden würden nach Deutschland eingeladen werden. Das Bild von den bösen Ausländern und den links-grünen Gutmenschen, die den Durchschnitts-Deutschen zum Verzicht auf den Pkw und zum Gendern zwingen wollen, kennt man – von der extremen Rechten. Denn solch ein Geraune ist die Basis von Verschwörungserzählungen wie jener der Identitären vom »Großen Austausch«. 

Aller Kritik zum Trotz hat sich Merz nicht entschuldigt. Stattdessen wandte er eine andere Trump’sche Spezialität an: doubling down. Also noch einmal das ursprüngliche Argument anfachen, noch einmal nachlegen. Keine 48 Stunden nach den Tweets verlautbarte Merz, dass er viele Mails bekommen habe und er deswegen eine Mehrheit im Land hinter sich sehe. Und wieder folgten Empörung, Faktenchecks, Analysen. Immerhin stammten die Aussagen von einem wichtigen Politiker. Es gibt keinen Trump in Deutschland. Aber seine Methoden.

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