Dieser Tage nimmt es wunder, wenn das Wort »Wirtschaftsplanung« von Politikern verwendet wird, die an einer solchen Idee noch vor kurzem nicht hätten anstreifen wollen. In Österreich ist es Sebastian Kurz, der den Privatisierungskanzler Wolfgang Schüssel als prägende politische Figur nennt, dessen wirtschaftspolitisches Lexikon dergestalt erweitert wurde. Damit beweist er erneut seine ideologische Flexibilität nach dem Motto: »Whatever floats my boat«. Die neoliberale Grundausrichtung hat er deshalb nicht aufgegeben.
Vor ziemlich genau 100 Jahren schrieb der österreichische Gründervater des Neoliberalismus Ludwig von Mises einen Artikel gegen die sozialistische Planwirtschaft. Wie später sein Kollege Friedrich Hayek meinte er, für Planung werde dem Staat immer die nötige Information fehlen, daher habe der Markt zu regieren. Die neoliberalen Ökonomen berieten Wirtschaftstreibende und agitierten gegen Gewerkschaften. Als die Polizei 1927 nach dem Justizpalastbrand auf die Menge schoss und Arbeiterinnen aus ihren Wohnungen schleppte, war Mises begeistert. Auch Hayek wollte einen starken Staat, solange er Freihandel und Investitionen gegen den Arbeitskampf stützte. Die Demokratie sah er »funktional« – wenn sie die Schutzfunktion für die Arbeitgeber nicht mehr ausübte, war sie durch autoritäre Formen zu ersetzen.
Ab den 1940er Jahren war der Neoliberalismus eine zunehmend globale intellektuelle Bewegung, die sich nach dem Vorbild der Sozialistinnen dem langfristigen Kampf für eine ökonomische Utopie und letztlich der hegemonialen Durchsetzung der eigenen Vorstellungen verschrieb. Bekanntlich hat der Plan funktioniert. Ab den 1970er Jahren drangen die Ideen und ihre Vorkämpfer in ausreichend machtvolle Positionen vor, um gemeinsam mit für diese Sache gewonnenen Regierungen (Reagan, Thatcher, China), aber auch der entstehenden EU die von ihnen gefürchtete »Demokratisierung der Weltwirtschaft« – ein Ausgleich zugunsten des Globalen Südens – endgültig zurückzudrängen.
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