Vergessener Revolutionär

von Wolfgang Häusler

464 wörter
~2 minuten
Vergessener Revolutionär
Gerhard Oberkofler
Arnold Reisberg
Jüdischer Revolutionär aus dem Königreich Galizien
Eingeleitet von Hermann Klenner, Studienverlag, 2020, 184 Seiten
EUR 19,90 (AT), EUR 19,90 (DE), CHF 28,90 (CH)

Der Titel ist zu ergänzen: Der (Berufs-)Revolutionär mit altösterreichisch-jüdischen Wurzeln war auch ein marxistischer Historiker, dessen Leben und Werk die Widersprüche der Politik der KPÖ und des Stalinismus umspannt. Arnold Reinbergs Geburtsort war nicht ein romantisiertes Schtetl, sondern das moderne Erdöl-(Naphtha-)Fördergebiet von Borislau. Der Vater unterrichtete an den Baron-Hirsch-Volksschulen, die Familie flüchtete 1914 nach Wien, die Eltern konnten 1940 der Shoah nach Argentinien entkommen. Sorgfältig dokumentiert der kritische Innsbrucker Wissenschaftshistoriker den Bildungsgang: Akademisches Gymnasium, Universität Wien, Dissertiertation bei den Professoren Dopsch und Srbik über die Beziehungen der Monarchie zum deutschen Zoll- und Postverein im Vormärz.

Seine politische Heimat fand Reisberg in der KPÖ trotz deren Zersplitterung in Richtungskämpfen; seit 1932 lehrte er an der Marxistischen Arbeiterschule. Die Niederlage des Republikanischen Schutzbunds im Februar 1934 führte Reisberg auf »gemeinen Verrat« der SDAP zurück, der »traurigen Maulhelden des Austromarxismus«, dieser »raffiniertesten Verfälschung des Marxismus«. 1974 trat er mit seinem Buch zum Februar 1934 der Darstellung von Karl R. Stadler entgegen, der als Doyen der Historiografie zur Arbeiterbewegung im Nachkriegsösterreich die sozialdemokratische Führung von Schuld gegenüber den, wie er im Titel seiner ebenfalls 1974 erschienenen Studie meinte, Opfern verlorener Zeiten entlasten wollte. 

Davor jedoch lagen die Jahre der Emigration, zunächst nach Brünn. 1935 sandte die illegale Partei den bewährten Agitator und Theoretiker Reisberg nach Moskau, wo er als Dozent an der Internationalen Lenin-Schule und Leiter ihres österreichischen Sektors wirkte. 1937 wurde er unter dem Vorwurf »trotzkistischer Doppelzüngigkeit« zu fünf Jahren Gulag verurteilt; Strafverbannung nach Ostsibirien schloss sich bis zur Rehabilitierung 1955 an.

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