»Es wird keine große Kulturrevolution geben«

von Samuel Stuhlpfarrer

Fotos: Christopher Glanzl

Robert Krotzer ist ein Hauptprotagonist der KPÖ in Graz. Im Interview erklärt er, warum sich der Kapitalismus nicht innerhalb von Stadtgrenzen außer Kraft setzen lässt.


2761 wörter
~12 minuten

Samuel Stuhlpfarrer | Nach den Gemeinderatswahlen vom 26. September, bei denen die Kommunistischen Partei (KPÖ) mit Elke Kahr an der Spitze mit fast 29 Prozent der Stimmen zur stärksten Partei gewählt wurde, seid ihr rasch in Koalitionsverhandlungen mit SPÖ und Grünen eingetreten. Am 17. November steht schon die konstituierende Sitzung des Gemeinderats an. Ist es denkbar, dass die Wahl Elke Kahrs zur ersten kommunistischen Bürgermeisterin von Graz noch scheitert?

Robert Krotzer | Die Konstituierung könnte auch noch um eine Woche verschoben werden, also auf den 24. November, aber eigentlich würden wir den Zeitplan gerne einhalten. Das ist zugegeben ein enges Zeitfenster. Und wir spüren natürlich die Erwartungshaltung – nicht nur in Graz, sondern auch darüber hinaus –, das umzusetzen, was wir versprochen haben: ein sozialeres, ein ökologischeres, ein freundlicheres Graz. 

Was die Gespräche mit Grünen und SPÖ betrifft, bin ich sehr zuversichtlich. Man kann auf jeden Fall sagen, dass sie von Anfang an fruchtbar und atmosphärisch angenehm gewesen sind. Wir stehen vor riesigen Fragen, aber allen Beteiligten ist es relativ schnell gelungen, zu den Problemen vorzudringen und nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen. 

SSt | Was darf man sich unter »sozial, ökologisch und freundlich« konkret vorstellen? 

RK | Dröseln wir es auf. Graz freundlicher zu machen heißt für uns, Stadtpolitik insgesamt offener und im Austausch mit der Bevölkerung zu gestalten. Ich denke, dass das etwas ist, was die Bevölkerung in den letzten Jahren unter Schwarz-Blau vermisst hat. Wir wollen die Ideen aus der Stadtbevölkerung viel stärker aufnehmen. Das kann zum Beispiel über Stadtteilversammlungen passieren oder über offene Regierungsbüros. Sozialer werden heißt, etwa im Bereich des öffentlichen Wohnbaus eine spürbare Offensive anzustoßen. Ab 2015 sind auf unsere Initiative hin 500 neue Gemeindewohnungen gebaut worden. Diesmal müssen es deutlich mehr sein, um auf die ständig steigenden Mieten am privaten Wohnungsmarkt Druck auszuüben. Aber es geht auch darum, bei den städtischen Gebühren zu entlasten. Wenn schon alles teurer wird, vom Strom bis zur Heizung, dann müssen zumindest Müll-, Kanal- und Wassergebühren stabil bleiben. Und wir wollen das Sozialamt stärken. Wenn beispielsweise eine Delogierung droht, bleiben oft nur wenige Tage Zeit. Da kann es nicht sein, dass ein Antrag auf Sozialhilfe vier Wochen liegt, bevor er bearbeitet wird. Daher braucht es hier mehr Personal und auch die nötigen Rahmenbedingungen, damit die im Sozialamt Beschäftigten unbürokratisch und unmittelbar helfen können.

SSt | Der Komplex Ökologie und Verkehr stellt sicher die budgetär größte Herausforderung dar. Liegt ein Grund dafür, dass ihr selbst die ÖVP stark einbinden wollt, auch darin, dass es für jeden großen Wurf im öffentlichen Verkehr Gelder vom Bund und vom Land braucht, beide von der ÖVP dominiert?

RK | Da ist etwas dran. Wir sehen das aber schon grundsätzlicher. Es war nie unsere Absicht, dass wir uns jetzt als Wahlsieger im Rathaus ausbreiten und alle anderen Parteien an den Rand drängen. Man darf nicht vergessen, dass die ÖVP trotz ihrer Verluste fast 26 Prozent der Stimmen erreicht hat. Das muss man respektieren.

Der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs ist natürlich eine Herausforderung, und ja, es stimmt, das kann die Stadt nicht alleine stemmen. Wo wir uns als Stadt etwas leichter tun, autonom zu handeln, das ist etwa die Verbauung. Da müssen und werden wir Maßnahmen und hilfreiche Werkzeuge finden, um zu verhindern, dass ganze Stadtviertel weitgehend ungeplant zugepflastert werden. 

SSt | Wie werdet ihr mit den Restriktionen im öffentlichen Raum umgehen? Graz hat unter Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) etwa mehrere Alkoholverbotszonen eingeführt. Wird man diese und andere Maßnahmen, die der Exklusion gewisser gesellschaftlicher Schichten, etwa Obdachloser oder Suchtkranker, dienen, rückgängig machen? 

RK | Wir haben uns vorgenommen, die sozialen Ursachen vieler Probleme im städtischen Zusammenleben anders in den Blick zu nehmen. Ich denke, da braucht es etwa einen substanziellen Ausbau der aufsuchenden Sozialarbeit oder einen Ausbau der Nachbarschaftsarbeit über Stadtteilzentren und Ähnliches mehr. Das sind die Stellschrauben, an denen man drehen muss. Im besten Fall erübrigen sich damit manche Restriktionen, werden Verbote hinfällig. Klar ist aber auch: Die ganze Geschichte der modernen Gesellschaft von der Industrialisierung bis heute ist eine Geschichte der Urbanisierung, des Zuzugs in den öffentlichen Raum. Und wo viele Menschen auf engem Raum aufeinandertreffen, wird es immer zu Reibungen und Konflikten kommen. Das gilt auch für Graz. 

SSt | Das heißt, die Alkoholverbotszonen fallen nicht? 

RK | Vorerst nicht. 

SSt | Ändert sich das möglicherweise im Laufe der Legislaturperiode?

RK | Das wäre wahrscheinlich der klügere Weg. Wenn man von Anfang an allzu viele Dinge ändert, setzt man sich der Gefahr der Überforderung aus. Wir wollen definitiv eine neue Kultur des Miteinanders, aber es wird mit Sicherheit keine große Kulturrevolution geben.

SSt | Ebenfalls unter Nagl wurde die Ordnungswache eingeführt, die zusätzlich zur Polizei die örtliche Sicherheit überwacht. Wird die KPÖ deren Abschaffung verfolgen?

RK | Ich muss sagen, dass wir die Arbeit der Ordnungswache in den letzten Jahren gut kennen- und auch schätzen gelernt haben. Was die Ordnungswache in allererster Linie betreibt, ist eine Form der Beratungstätigkeit und der Unterstützungsleistungen. Mit »Überwachen und Strafen« hat das überhaupt nichts zu tun. Ich glaube auch, dass das im Selbstverständnis der Beschäftigten der Ordnungswache so ist. Die sehen sich vor allem als Unterstützerinnen und Unterstützer der Bevölkerung. Damit üben sie eine wichtige Funktion aus. Und das merken wir auch an den Rückmeldungen aus der Bevölkerung. Von den Menschen aus dem Drogensubstitutionsprogramm etwa, die sich oft nahe dem Rathaus aufhalten, hörst du kein schlechtes Wort über die Ordnungswache. Ganz im Gegenteil. 

SSt | Ihr habt im Wahlkampf, in bewusster Abgrenzung zur FPÖ, den Slogan »Wir alle sind Graz« stark gemacht. Könnte Graz als erste österreichische Stadt zu einer »Sanctuary City« werden, wie es sie in Europa etwa in Barcelona oder Glasgow gibt? Eine Stadt der Zuflucht also, in der alle Menschen unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus Zugang zu kommunalen Dienstleistungen und öffentlicher Gesundheitsversorgung haben, und die auch nicht an Abschiebungen der Bundesbehörden mitwirkt? 

RK | Was etwa die kostenlose Gesundheitsversorgung für Unversicherte betrifft, gibt es in Graz mit der Caritas-Marienambulanz schon jetzt ein Angebot in der Stadt … 

SSt | … Ich meinte aber Einrichtungen der Stadt selbst.

RK | Als KPÖ machen wir in unserer eigenen Beratungstätigkeit seit jeher keinen Unterschied, woher jemand kommt, ob er Papiere hat und wenn ja, welche. Uns geht es immer konkret um den Menschen. Das ist auch etwas, was viele Kommentatoren, die hinter dieser Praxis Stimmenkauf vermuteten, verlässlich übersehen haben: Sicher ein Drittel der Menschen, denen wir mit unserem Rat und unseren Gehältern helfen, sind nicht einmal wahlberechtigt.

Und was für uns gilt, das sollte natürlich auch in möglichst vielen städtischen Einrichtungen gelten, die mitunter aufzubauen und zu stärken sind. Was innerhalb der gesetzlichen Rahmenbedingungen möglich ist, ist noch zu klären. Umgekehrt glaube ich aber auch, dass es wichtig ist, möglichst vielen Menschen zu einem regulären Aufenthaltstitel zu verhelfen, damit sie etwa Sozialhilfe beziehen können. Das ist in der Steiermark Landessache und wir merken gerade jetzt, dass das neue Sozialunterstützungsgesetz viele Menschen vor große Probleme stellt. Wir haben gerade den Fall eines 71-jährigen Herrn aus Serbien am Tisch, der seit 20 Jahren in Graz lebt, keinen gültigen Aufenthaltstitel mehr hat und daher künftig keine Sozialhilfe mehr bekommt. Für derartige Härtefälle brauchen wir praxisnahe Lösungen.

SSt | Apropos Landessache: Das trifft nicht nur auf die Sozialhilfe zu, sondern auch auf Abgaben, deren Einführung ihr fordert, aber selbst nicht umsetzen könnt – eine Leerstandsabgabe auf private Immobilien, die dem Wohnungsmarkt entzogen werden, oder eine Nahverkehrsabgabe, die Unternehmer pro Angestelltem zu leisten hätten, um damit den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs zu finanzieren. Wie steht es um diese Forderungen? 

RK | Beide Forderungen sind natürlich aufrecht, aber wie du richtig sagst, liegen sie in der Kompetenz des Landes. Wir werden mit den Verantwortlichen dort sicher Gespräche führen.

SSt | Die Geschichte des Aufstiegs der KPÖ Graz ist nicht nur, aber auch mit erfolgreichen Bündnissen zwischen der Partei und Bewegungen und Initiativen aus der Stadtbevölkerung verbunden. Ich erinnere an die Mieterstreiks Mitte der 1990er Jahre, die Verhinderung des Ausverkaufs der städtischen Wohnungen in den frühen 2000er Jahren, zuletzt die Bewegung gegen das Murkraftwerk. Könnte ein solches Bündnis mit der Bevölkerung nicht auch im Ringen um Leerstands- und Nahverkehrsabgabe helfen, den Druck auf das Land Steiermark erhöhen? 

RK | Das ist durchaus eine Überlegung wert. Wir werden uns ganz generell sicher nicht von der außerparlamentarischen Ebene verabschieden, da kann ich beruhigen.

SSt | Neben der Grazer Wahl war das zweite politische Schlüsselereignis der vergangenen Wochen die Korruptionsaffäre rund um Kanzler Kurz, die mit dessen Rücktritt endete …

RK | Das war schon bemerkenswert! Immerhin hat Kurz zwei Wochen zuvor, am Tag der Wahl in Graz, noch davon gesprochen, dass für ihn der Erfolg der KPÖ »bedenklich« ist. 

SSt | Was mich daran auch interessiert: Im Kern hat diese Affäre eine lange bekannte Praxis im politmedialen Komplex offengelegt. Die besteht darin, dass sich Parteien über Inseratengeschäfte gefällige Berichterstattung kaufen, wofür die immer praller gefüllten Werbetöpfe der öffentlichen Hand, sei es auf Bundes-, Landes- oder Gemeindeebene, die Grundlage bilden. Wie werdet ihr in Graz mit dieser Frage umgehen? 

RK | Die Werbeausgaben der Stadt und auch der Holding Graz, in die die stadtnahen Betriebe ausgelagert sind, sind in den letzten Jahren nahezu explodiert und natürlich flossen diese Mittel nur an ganz bestimmte Medienhäuser. Man muss sich bloß ansehen, wer da wie oft vorkommt, wer worüber wie berichtet und eins und eins zusammenzählen. Diesen Zusammenhang zwischen öffentlichen Inseraten und veröffentlichter Meinung gibt es also und den konnte man in Graz ganz drastisch sehen, als es darum ging, ob der zentrale Speicherkanal als Teil des Murkraftwerks gebaut werden soll. Wir werden jetzt nachforschen und schauen, auf welcher Grundlage und mit welchen Verträgen in der Vergangenheit operiert wurde. Und natürlich werden diese Geschäfte in dieser Form nicht weitergehen.

SSt | Die beiden größten Tageszeitungen in der Stadt, Krone und Kleine Zeitung, könnten in den nächsten Jahren für reichlich Gegenwind sorgen. Seit der Wahl sind sie jedenfalls im Kampagnenmodus. Hat euch das überrascht? 

RK | Nicht wirklich, da geht es ja auch um Interessen. Ich fand es eher überraschend, dass und wie es bei beiden angesprochenen Zeitungen in jeweils unterschiedliche Richtungen ausgeschlagen hat. In der Krone gab es etwa eine wohlwollende Reportage über die Stimmung in einer traditionellen Arbeitersiedlung und gleichzeitigen Hochburg der KPÖ. Oder eine Doppelseite über Elke Kahrs Beratungstätigkeit. Auf der anderen Seite gibt es eben eine interessengeleitete Berichterstattung. Ich denke, da ist man in den Redaktionen noch am Austarieren. Was man auch nicht vergessen darf: Diese Wahl brachte die erste, noch dazu spürbare Wahlniederlage für die ÖVP in der Ära Kurz – zu einem Zeitpunkt, da er in der ÖVP noch vollkommen unumstritten war.

SSt | Für die größte mediale Aufregung nach dem Wahltag sorgte ein Auftritt des steirischen KPÖ-Landtagsabgeordneten Werner Murgg im belarussischen Staatsfernsehen vom letzten Sommer, der als Unterstützung des Regimes von Alexander Lukaschenko ausgelegt werden konnte. Nachdem die Partei zunächst wissen ließ, Murgg werde nicht zurücktreten, hört man dieser Tage, dass er im Sommer nächsten Jahres sein Mandat abgeben und danach nicht mehr kandidieren soll. Trifft das zu?

RK | Das war ursprünglich einmal so geplant, die Sache ist allerdings noch nicht entschieden. Werner Murgg hat zuletzt angekündigt, dass er seine Rolle selbst überdenken möchte und die Gremien in weiterer Folge darüber informieren wird, zu welchem Schluss er gekommen ist. 

SSt | Zurück zur Bundespolitik: Welche Auswirkungen könnte denn ein erfolgreiches linkes Regierungsprojekt in Graz auf die Bundesebene haben, zumal die Verhältnisse nach Kurz’ Rücktritt gehörig in Fluss geraten sind? 

RK | Wir spüren natürlich die große Verantwortung, aus den Möglichkeiten, die wir jetzt haben, etwas Ordentliches zu machen. Das gilt in erster Linie gegenüber den Grazerinnen und Grazern, die als Erste bewerten werden, ob ihnen das, was wir vorhaben, auch so passt. Wenn das gelingt, dann ist es durchaus vorstellbar, dass dieses Modell über Graz hinausgehend zum Vorbild wird. Zum Vorbild dafür, dass es möglich ist, eine andere Form des Politik-Machens zu praktizieren, ohne Abgehobenheit und ohne sprechpuppengleiche Politikerinnen, stattdessen mit einem klaren Fokus auf die alltäglichen Sorgen der übergroßen Mehrheit der Bevölkerung. Das ist aber alles andere als einfach. Historisch hat man das etwa am Roten Wien gesehen, dem trotz der eindrucksvollen sozialen Reformpolitik in der Stadt selbst der Brückenschlag nach außen nicht so recht gelingen wollte. Der Grat zwischen einem neidvollen Blick auf eine andere Stadt und der Wahrnehmung dieser Stadt als Vorbild, das vielleicht zu einem anderen Wahlverhalten motiviert, ist oftmals sehr schmal. 

SSt | Wenn du schon das Rote Wien ansprichst: In dem, was du bisher gesagt hast, klingt für mich wenig utopischer Horizont an. Welchen transformatorischen Gehalt, jenseits einer ordentlichen Verwaltungstätigkeit, könnte denn das Projekt der KPÖ in Graz entwickeln? 

RK | Gerade als Marxist sollte man einen klaren Blick auf Kräfteverhältnisse haben. Alles, was im Zusammenleben in dieser und jeder anderen Stadt eine Rolle spielt, hat mit diesen Kräfteverhältnissen zu tun. Das reicht von der Lohnpolitik bis zur Frage, wie Kinderbetreuung organisiert ist. Was in Graz angegangen werden kann, ist ein hoffentlich erfolgreiches soziales Reformmodell. Den Kapitalismus werden wir innerhalb der Stadtgrenzen aber nicht außer Kraft setzen können. Wir werden unser Bestes tun, um viele Bereiche des gesellschaftlichen Zusammenlebens stärker als bisher dem Marktgeschehen zu entziehen und neoliberaler Politik auf politischer, ideologischer und ökonomischer Ebene etwas entgegenzuhalten. Das könnte, wie gesagt, dazu führen, dass sich die Köpfe auch anderswo für neue Ideen öffnen lassen.

SSt | Kaum jemand geht davon aus, dass sich diese Bundesregierung nach dem Rücktritt von Sebastian Kurz noch länger als ein Jahr halten können wird. Zuletzt sah eine Umfrage die KPÖ bundesweit schon bei vier Prozentpunkten. Wird sich die KPÖ Graz, der ein wenig der Ruf anhaftet, es wäre ihr eher gleich, was jenseits des Semmerings passiert, im Falle vorgezogener Neuwahlen bundespolitisch stärker einbringen?

RK | Der Marxismus verpflichtet zum historischen Optimismus, aber die Realität mahnt zur Bescheidenheit. Ich erinnere mich gut daran, wie wir 2015 den Wiedereinzug in den steirischen Landtag fast nicht noch einmal geschafft hätten. Insofern würde ich zur Vorsicht raten. Das Schlimmste wäre aus meiner Sicht, wenn man heute Hoffnungen weckt, die nicht zu erfüllen sind – mit dem Ergebnis, dass sich Menschen, die vielleicht gerade erst wieder damit begonnen haben, sich am politischen Prozess zu beteiligen, enttäuscht zurückziehen. Aber klarerweise haben wir eine bundespolitische Verantwortung, der wir im Rahmen unserer Möglichkeiten nachkommen werden. Und wenn Wahlen anstehen, dann werden wir wie schon in der Vergangenheit ordentlich Wahlkampf machen.

SSt | Du selbst solltest bei den Nationalratswahlen im Jahr 2019 bundesweiter Spitzenkandidat der KPÖ werden – das scheiterte damals am Widerstand der Bundesparteiführung. Die mittlerweile neue Parteispitze dürfte einem solchen Modell dagegen weit weniger abgeneigt sein. Stündest du für so eine Kandidatur bei vorgezogenen Neuwahlen überhaupt noch einmal zur Verfügung?

RK | Das ist eine Frage, die sich im Moment nicht stellt und die ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht seriös beantworten kann. Aber noch einmal: Ich würde davor warnen, im Augenblick des Erfolges überheblich zu werden. Elke Kahr hat erst unlängst daran erinnert, dass zwischen Ernst Kalteneggers erstem Antreten in Graz, bei dem er 1,8 Prozentpunkte erreichte, und dem Wahlergebnis vom 26. September 2021 38 Jahre liegen; um von einem Mandat im Jahr 1983 überhaupt auf zwei zu kommen, brauchte es ganze zehn Jahre. Was ich damit sagen will? Es wird weiterhin unabdingbar bleiben, die Dinge geduldig von unten nach oben aufzubauen.

Robert Krotzer wurde 2017 im Alter von 29 Jahren Stadtrat für Pflege und Gesundheit und damit neben Elke Kahr zum zweiten Regierungsmitglied der KPÖ in Graz. Zuvor schon war er Bundesvorsitzender der Kommunistischen Jugend Österreichs (KJÖ). Der studierte AHS-Lehrer gilt als präsumtiver Nachfolger von Kahr, die diesen Monat zur ersten kommunistischen Bürgermeisterin in Österreichs zweitgrößter Stadt gewählt werden soll.

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