Im Teufelskreis
von Johannes Greß
Fotos: Christopher Glanzl
Arbeitslose werden oft stigmatisiert. Nicht wenige von ihnen möchten sich dagegen politisch wehren, doch haben sie gleichzeitig mit Entfremdung und Erschöpfung zu kämpfen.
Ein einziges Mal ging Maria Karr (Name von der Redaktion geändert, Anm.) nicht zur Wahl. Das war im Jahr 2017. Sie fühlte sich von niemandem vertreten. Schwer vorstellbar, denn die heute 60-Jährige aus dem Linzer Umland hat zu so gut wie jedem politischen und gesellschaftlichen Thema eine Meinung parat. Während sie ihr Auto durch die Linzer Innenstadt manövriert, referiert sie über den kulturellen Aufstieg der Stadt seit den 1980ern und über die Digitalisierungsstrategie Chinas. Sie kennt die geopolitische Situation in der Ukraine, hat Vorschläge zur Essensausgabe an öffentlichen Schulen, steht einem bedingungslosen Grundeinkommen relativ skeptisch gegenüber und findet, Jugendliche sollten besser über die negativen Folgen des Drogenkonsums informiert werden. Auf Facebook folgt sie den »Netzfrauen« und liest China Online, Hannah Arendt findet sie gut. Sie schrieb Briefe an Politiker und den ORF, engagierte sich jahrelang ehrenamtlich. Aber seit dem Jahr 2012 fehlt ihr die Kraft. Sie sagt: »Da hat man mir den Stecker gezogen.«
Jetzt weiterlesen? Das sind Ihre Optionen.
DIESE AUSGABE
KAUFEN
Jetzt kaufen
JETZT
ABONNIEREN
Zu den abos
Ihre Spende für kritischen Journalismus
Linker Journalismus ist unter Druck. Zumal dann, wenn er die schonungslose Auseinandersetzung mit den herrschenden Verhältnissen profitablen Anzeigengeschäften vorzieht. Mit Ihrer Spende ermöglichen Sie es uns, kritische Berichterstattung auch angesichts steigender Kosten in gewohnter Form zu liefern. Links und unabhängig.