Jonas Höschl: Codes des rechten Rands

von Margit Neuhold

»Bilder der Auseinandersetzung« 7/8|2023. In Zusammenarbeit mit »Camera Austria International«.

Die unkenntlich gemachten Schwarz-Weiß-Porträts lösen Unbehagen aus. In Form unterschiedlicher Logos prangen visuelle Codes der rechtsextremen Szene auf den Shirts, Jacken oder Schlauchschals der zumeist dunkel gekleideten und bedrohlich wirkenden Akteure: in der Hand eine Zigarette, ein Telefon, Blumen, eine Fahne oder eine Kamera – bereit, ebenfalls schnell abzudrücken. Um dieses Bildarchiv anzulegen, durchforstete Jonas Höschl zahlreiche Antifa-Rechercheplattformen und Internetportale, wohl wissend, dass er eine solche Bildpraxis auch in der rechten Szene findet. Versehen mit Angaben zur Person zirkulieren diese bei Aufmärschen und Kundgebungen aufgenommenen (Feind-)Bilder oftmals in einschlägigen Netzwerken, vermessen die Szene und warnen Aktivistinnen und Aktivisten. Aufnahmen dieser Art stehen in einer langen Tradition. In den 1970er-Jahren entwickelte sich die Fotografie in der DDR zum wichtigsten Medium der heimlichen Ausforschung und Dokumentation: Der Feind wurde ins Visier genommen.

In seiner Arbeit beleuchtet Jonas Höschl unterschiedliche, oftmals mediale Bildsprachen und lotet an der Schnittstelle von Reportage-/Gebrauchsfotografie und Aktivismus künstlerische Strategien aus; er rekontextualisiert Bilder und bringt sie in unterschiedlichen Framings zusammen. Einem engagierten und politischen Bildgebrauch folgend, sind Machtstrukturen und politische Systeme Untersuchungsgegenstand seiner recherchebasierten Praxis.

Im Ausstellungskontext wirft ein Diaprojektor die hier gezeigten Porträts aus der Arbeit 80 Portraits: 73 Männer, 7 Frauen (2023) an die Wand, begleitet von einem kontinuierlichen Rauschen und gleichmäßigen Rattern. Ein maschinelles Geräusch, das auch bedrohlich empfunden werden kann. Jonas Höschl arbeitet mit dieser Ambivalenz einer aus der Zeit gefallenen Projektion, der eine gewisse Nostalgie für unbeschwerte Abende mit privaten Bildern, wie sie bei einer älteren Generation üblich waren, innewohnt. Dieses appropriierte Bildmaterial mit seinen Codes und Posen der neofaschistischen Szene lotet in unterschiedlichen Formaten Resonanzräume in unserer unübersichtlichen Gegenwart jenseits der Antifa-Recherchenetzwerke aus.

Jonas Höschl: 80 Portraits: 73 Männer, 7 Frauen, 2023. Diaprojektor mit 80 Dias. Courtesy: der Künstler.
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