Österreich entgeht jährlich über eine Milliarde Euro, da große Konzerne ihre hierzulande erwirtschafteten Gewinne in europäische Länder mit niedrigeren Gewinnsteuern verschieben. Das sind immerhin mehr als sieben Prozent aller Einnahmen aus der Körperschaftsteuer. Die Profiteure der Steuerflucht sind Länder wie Irland, die Niederlande oder Luxemburg. Die im Juni stattfindende Wahl zum Europäischen Parlament beendet eine Legislaturperiode, in der sich die EU-Politik gezwungen sah, das Problem des Steuer-Limbos endlich anzugehen. Zu spät, zu langsam, zu zaghaft – bei aller berechtigten Kritik sind die gesetzten Schritte dennoch von historischer Tragweite.
Zum einen wurde eine Richtlinie für mehr Steuertransparenz verabschiedet, deretwegen multinationale Unternehmen künftig offenlegen müssen, wo in der EU sie Gewinne schöpfen und wo sie Steuern zahlen. Zudem gibt es eine Einigung über die Umsetzung einer Mindestgewinnbesteuerung für Großkonzerne innerhalb der EU. Das sind Meilensteine im Kampf gegen aggressive Steuerplanung von Großkonzernen – allerdings mit dem Schönheitsfehler, dass der festgelegte effektive Steuersatz mit 15 Prozent niedrig angesetzt ist. Die Regelungen gelten zwar nur für Konzerne mit einem Jahresumsatz von mindestens 750 Millionen Euro, dort sind allerdings auch die großen Gewinne konzentriert.
Zum anderen präsentierte die EU-Kommission 2021 das EU Tax Observatory, eine Forschungseinrichtung gegen Steuerhinterziehung und -vermeidung. Als Leiter wurde der renommierte französische Verteilungsökonom Gabriel Zucman bestellt, der als starker Verfechter von Steuergerechtigkeit gilt und zuletzt mit der Forderung nach einer globalen Reichensteuer auffiel. Diese Personalie und ein starkes Wahlergebnis linker Listen bei der EU-Wahl könnten die Steuersparpläne von Großkonzernen und Überreichen in naher Zukunft erheblich durchkreuzen.
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