Kinga Wrona: Spuren der Arbeit

von Christina Töpfer

»Bilder der Auseinandersetzung« 6|2024

Kinga Wrona, Mariscadoras, seit 2022. C-Prints, dimensions variable.

Man sieht die Anstrengung in den Bewegungen und Gesichtern der Mariscadoras, der Muschelsammlerinnen, die Kinga Wrona seit 2022 im galizischen Carril fotografisch dokumentiert. Mehr als 500 Jahre reicht die Tradition des Kultivierens und Sammelns von Feinmuscheln aus dem Sand im speziellen und einzigartigen Ökosystem der Arousa-Mündung zurück. Teilweise bis zum Oberkörper im Meer stehend, durchkämmen die Mariscadoras mit Harken, Rechen und Auffangkäfigen den Sand nach den wertvollen Mollusken, die erst ab einer bestimmten Größe eingesammelt werden dürfen und die für ihre besonders hohen Nährwerte bekannt sind. Muscheln, die kleiner als die vorgegebenen vier Zentimeter sind, werden zurück ins Meer geworfen, damit sie dort weiterwachsen können.

Zumeist sind es Frauen über vierzig, die der manuellen Muschelernte nachgehen. Die schwere körperliche Arbeit unter oft harschen Bedingungen hat bei ihnen Spuren hinterlassen – rheumatische Erkrankungen, Arthritis und Gelenksveränderungen mit Knorpelabbau sind körperliche Folgen, die nicht wenige von ihnen teilen. Bei Wind und Wetter stehen sie mit überlangen Stiefeln und Anzügen, die den Körper vor dem Auskühlen schützen sollen, bei Ebbe im flachen Gewässer der galizischen Küste. 

Kinga Wronas Fotografien rücken nicht nur die Arbeit und das soziale Gefüge der Muschelsammlerinnen ins Zen­trum, immer wieder schleichen sich – etwa mit der Fotografie einer ästhetisch im Meer schwimmenden Grünalge oder im Bild vom Abmessen einer Muschel – auch Indizien des Klimawandels ein. Steigende Meerestemperaturen und unvorhersehbare Witterungsverhältnisse wie etwa starke Regenfälle, die den Salzgehalt des Meeres verringern, erschweren die ohnehin anspruchsvolle Arbeit und führen zu geringeren Erträgen. Bisweilen ist die Muschelernte überhaupt unmöglich, dann reinigen die Frauen das Meer von Algen oder engagieren sich in Vereinigungen wie Amar Carril, wo sie Aufklärungsarbeit über ihre traditionsreiche Tätigkeit sowie die Bedrohung des ihr zugrundeliegenden Ökosystems durch die Klimakrise leisten.

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