Neven Allgeier: Beobachtungen einer uneindeutigen Welt
von Margit Neuhold
»Bilder der Auseinandersetzung« 1/12|2024/2025
Seit einigen Jahren befasst sich Neven Allgeier mit der Nachfolgegeneration der Millennials, die mit dem Begriff der Generation Z gefasst wird; er befragt ihre Lebensrealitäten und -entwürfe. Diese jungen, zwischen 1995 und 2010 geborenen Menschen sind umgeben von sich zuspitzenden Kriegen, erstarkendem Nationalismus und Klimakatastrophen. In dieser Welt, die auseinanderzufallen droht, treiben Social Media und Digitalisierung weiterhin die Entwicklung zu einer globalen Generation mit kollektivem (Bild-)Gedächtnis voran.
Seit 2023 richtet der Fotokünstler in der Serie A Hole in the Sky seinen Blick auf diese Generation und teilt seine Beobachtungen einer uneindeutigen, fragilen Welt. Die in weiches Licht getauchten Porträts sind in sich gekehrt und vermitteln Sensibilität und Verletzlichkeit; im Falle von Rebecca (2024) und Andrej (2023) bleibt der Bildhintergrund ein wenig unbestimmt, oft geraten auch traditionelle Geschlechterzuschreibungen ins Wanken.
Die behutsamen Aufnahmen entstehen aus einer Community heraus und vermitteln deren Lebensgefühl: Neven Allgeiers Netzwerk führt ihn zu jungen Menschen aus unterschiedlichen Szenen und Umgebungen. Oftmals kehrt er an dieselben Plätze zurück, verbringt dort Zeit, trifft Personen abermals. Die Bezeichnungen der Orte sind nebensächlich, auch wenn der konkrete Ort der Pflanze, die sich zur untergehenden Sonne ausrichtet, mit Tiflis und jener des regennassen Parkplatzes vor den großstädtischen Office-Towers mit Jakarta benannt werden kann.
Diese Environments (seit 2017), so nennt Neven Allgeier die Aufnahmen, die er seinen Porträts zur Seite stellt, bereiten zugleich deren Bühne auf. Der aus der Kunstwissenschaft entlehnte Begriff funktioniert hier auch auf Bildebene: Formale Analogien unterstreichen die gemeinsame Präsenz; die ins Bild gesetzten Sujets sind nahezu banal, und oftmals liegen Jahre und Hunderte von Kilometern zwischen den einzelnen Bildpaaren. Auch wenn deren Farbigkeit und Textur unwirklich anmuten und in Schwebe bleiben, schlagen diese Aufnahmen eine dokumentarische Leserichtung vor, die ein leichtes Unbehagen aufkommen lässt: Die diffuse Lichtstimmung lässt Unklarheit zwischen Auf- oder Untergang der Sonne und darüber, wie diese Generation die Welt verändern wird.
Ihre Spende für kritischen Journalismus
Linker Journalismus ist unter Druck. Zumal dann, wenn er die schonungslose Auseinandersetzung mit den herrschenden Verhältnissen profitablen Anzeigengeschäften vorzieht. Mit Ihrer Spende ermöglichen Sie es uns, kritische Berichterstattung auch angesichts steigender Kosten in gewohnter Form zu liefern. Links und unabhängig.