Vor 30 Jahren, am 1. Jänner 1995, trat Österreich der Europäischen Union (EU) bei. Ein halbes Jahr zuvor stimmten bei einer Wahlbeteiligung von 82 Prozent mehr als zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher für den Beitritt. Das Ergebnis entsprach auch einer im Vergleich zu heute wenig fragmentierten Parteienlandschaft. Bis zur Nationalratswahl im Oktober 1994 – der ersten, bei der die FPÖ unter Jörg Haider die 20-Prozent-Marke überspringen sollte – konnten SPÖ und ÖVP noch 74 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Beide Parteien – genauso wie die Interessenverbände von Wirtschaft und Industrie einerseits und Gewerkschaften sowie Arbeiterkammer andererseits – standen geschlossen hinter dem Projekt EU-Beitritt. Während sich die Grünen ursprünglich, mit Ausnahme einer einzigen Abgeordneten, dagegen positionierten, aber schnell mit der EU arrangierten, forderte die KPÖ bis spät in die 1990er-Jahre noch den Wiederaustritt. Die steirische Landespartei hält an dieser Forderung bis heute fest.
Anlässlich des Jubiläums haben wir sieben Menschen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen befragt: Was für eine Bilanz lässt sich hinsichtlich der vergangenen 30 Jahre der Integration Österreichs in das (west-)europäische Projekt ziehen? Welche Erwartungen haben sich erfüllt, welche Befürchtungen sind Wirklichkeit geworden? Und schließlich: Welche politischen Strategien sind heute gefragt, um Wirtschaft und Gesellschaft auf diesem Kontinent gerechter und die Beziehungen nach außen kooperativ und friedensgeleitet zu gestalten?