Das letzte Foto Herbert Eichholzers von der Gestapo-Stelle Wien, 1941. (Foto: Archiv KPÖ Wien)

Vergessener Visionär

von Reinhold Schachner

Herbert Eichholzer leistete als Architekt Pionierarbeit und wurde als Widerstandskämpfer vom NS-Regime hingerichtet. Trotz seiner wichtigen Rolle in der progressiven Kulturarbeit ist ihm bislang wenig Aufmerksamkeit zuteilgeworden.


2375 wörter
~10 minuten

Der großen Architektin Margarete Schütte-Lihotzky – die in TAGEBUCH N° 1|2024/25 anlässlich ihres 25. Todestages gewürdigt worden ist – sei es sehr wichtig gewesen, immer wieder an ihren Kollegen Herbert Eichholzer zu erinnern, erzählt die Grazer Architekturhistorikerin Antje Senarclens de Grancy. Sinngemäß soll Schütte-Lihotzky einmal gesagt haben: »Redet nicht über Adolf Loos oder Josef Frank, über die redet jeder, sondern redet über Herbert Eichholzer!« Der Wunsch von Schütte-Lihotzky ist bis dato nicht so recht in Erfüllung gegangen, konstatiert Senarclens de Grancy: »Herbert Eichholzer ist in der Erzählung der österreichischen Architekturgeschichte immer noch wenig präsent, dabei war er alles andere als ein Provinzarchitekt. Er war ein Kosmopolit und einer, der Pionierarbeit geleistet hat.«

Herbert Eichholzer wurde nur 39 Jahre alt, doch sein Output, wie man heute sagen würde, war imposant, in Anbetracht seiner kurzen Schaffenszeit von knapp über zehn Jahren, in denen er als Architekt, Möbel- und Spielzeug­designer tätig war. Aufgewachsen ist der 1903 geborene Eichholzer in einem bürgerlich-deutschnational geprägten Milieu in Graz. Verwandtschaftliche Beziehungen in die Obersteiermark brachten ihn einerseits zum Bergsteigen sowie zum Skispringen und verhalfen ihm andererseits zu seinen ersten Bauprojekten. Als Student durchwanderte er halb Europa und begab sich auf eine Forschungsreise ins heutige Äthiopien und nach Eritrea. Für die Grazer Tagespost verfasste er darüber Reportagen. Nach seiner Rückkehr aus Afrika trat er 1926 der Vereinigung sozialistischer Studenten bei.

Am Beginn der 1930er-Jahre wandte er sich zunächst der linken Jungfront und später dem Republikanischen Schutzbund zu. Mit dieser politischen Entwicklung ging auch Eichholzers Hinwendung zur progressiven Kunst und Kulturarbeit einher. Er trat 1932 der Sezession Graz bei und übernahm dort eine tragende Rolle. Eichholzer war auch maßgeblich am Zustandekommen der ersten und vor dem Zweiten Weltkrieg einzigen Ausgabe von Der Plan beteiligt, einer von Otto Basil gegründeten avantgardistischen Kunstzeitschrift.

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