Queere Liebe, dystopische Zeiten

von Stefanie Klamuth

445 wörter
~2 minuten
Queere Liebe, dystopische Zeiten
Fiona Sironic
Am Samstag gehen die Mädchen in den Wald und jagen Sachen in die Luft
Ecco, 2025, 208 Seiten
EUR 23,70 (AT), EUR 23,00 (DE), CHF 31,00 (CH)

Sengende Hitze, wiederkehrende Waldbrände, kaum noch natürliche Nahrungsmittel, ein digitales Großarchiv, unaufhaltsames Artensterben. Zwei jugendliche Protagonistinnen, zwischen denen sich erst eine Freundinnenschaft und später queere Liebe entwickelt. Die fünfzehnjährige Era lebt in einer nahen Zukunft mit ihrer Mutter am Waldrand. Die Auswirkungen der Klimakrise sind längst im Alltag der Menschen angekommen. Von der Hütte aus beobachtet Era ihre Schulkollegin Maja und deren kleine Schwester Merle, die regelmäßig zu einer Lichtung kommen, um Sachen in die Luft zu jagen. Fasziniert und neugierig sucht Era die Nähe der Schwestern.

Schnell werden die Mädchen ein Team, wenngleich sie nicht nur Klassenwelten trennen. Maja und Merle sind die Töchter sogenannter Momfluencerinnen, die ihr Recht auf das eigene Bild und ihre Privatsphäre einfordern und sich gegen ihre digitale Vermarktung zur Wehr setzen. Era hingegen hält akribisch das Verschwinden von Vogelarten fest und setzt auf analoge Wissensdokumentation. Während Era mit ihrer Mutter in einem Tiny House lebt, bewohnen die Schwestern mit ihren Müttern eine Villa mit allen Annehmlichkeiten – Personal und frische Nahrungsmittel inklusive.

Era und Maja kommen sich näher, verlieben sich und bilden eine fragile Einheit aus gegensätzlichen Kräften und Energien. Bis zu diesem einen Tag, der alles verändert, entspinnt sich eine mitreißende Geschichte um eine erste Liebe, um die verzweifelte Suche nach einem Platz in der Welt und um politische sowie philosophische Fragen, die dem Roman eine wunderbare Tiefe verleihen: »Mit dem Wald schrumpft meine konkret erfahrbare Welt, während das Bewusstsein für eine, die vielleicht irgendwo dahinter liegt, schon da ist. Ich habe sie nur noch nicht gesehen.«

Die Zutaten für den lesenswerten Debütroman von Fiona Sironic mit dem eingängigen Titel Am Samstag gehen die Mädchen in den Wald und jagen Sachen in die Luft versprechen intensive Lesestunden, in denen Leser:innen eine Achterbahnfahrt der Gefühle erleben. Zeilen zum Schmunzeln, Momente der Beklemmnis, Augenblicke der Hoffnung und eine immer intensiver werdende Nähe zu Era und Maja machen diesen Roman zu einem Allrounder, der das Zeug hat, in einem Rutsch inhaliert zu werden.

Fiona Sironic hat nicht nur einen zärtlichen Roman über queere Liebe in dystopischen Zeiten geschrieben, sondern sich dem Thema Klimakrise auf eine buchstäblich explosive Weise genähert, die ohne erhobene Zeigefinger oder Panikmache auskommt. Im Gegenteil. Das Setting, die Verzweiflung der Protagonistinnen und die Dramatik der Stille treffen einen Nerv und passen so gut in unsere Gegenwart, dass die hier gezeichnete, nicht allzu ferne Zukunft näher scheint, als wir uns vorstellen möchten. Eine intensive Story, nahbare Protagonistinnen, eine tolle Sprache und lebendige Dialoge – ein Lesehighlight!

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