»Trans-Feinde wollen einen Notstand herbeiführen«

von Katharina Hajek

Foto: Nicky Miller

Die Historikerin Juliana Gleeson im Gespräch über rechte Strategien der Transfeindlichkeit, den Zusammenhang von Marxismus und queeren Kämpfen sowie die Bedeutung von Humor in der Politik und beim Schreiben.


2298 wörter
~10 minuten

Katharina Hajek | Warum konzentrieren sich rechte Bewegungen gerade so sehr auf trans Menschen? Warum ist es gerade diese Minderheit, deren Rechte beschnitten werden und deren Existenz sogar systematisch geleugnet wird?

Juliana Gleeson | Der Erfolg von Donald Trump liefert uns die einfachste Erklärung: Transphobie ist in der Gesellschaft weit verbreitet, und die Moralpaniken etwa rund um trans Sportler:innen oder Jugendliche mobilisieren vorhandenes Unbehagen und nutzen Ängste aus. Das scheint eine erfolgreiche Wahlkampfstrategie für rechte Parteien zu sein. Aber es gibt auch eine tiefer reichende Erklärung, die damit zu tun hat, wie Rechte den Staat verstehen. Liberale sehen den Staat tendenziell als unparteiisch, als einen Schiedsrichter, der seine Mittel – Polizei, Militär, Justiz – nur in Ausnahmesituationen mobilisiert, um in die Gesellschaft einzugreifen. Rechte dagegen wollen diese Mittel des Staates dauerhaft einsetzen und die Ausnahmesituation zu etwas Permanentem machen. Am deutlichsten wird das beim Krieg gegen den Terror, bei der Ausweitung von Grenzkontrollen und so weiter. Ich denke, dass mit trans Personen etwas Ähnliches geschieht. Die Existenz von trans Personen, ihre uneingeschränkte Teilhabe am öffentlichen Leben, wird als eine Art Notlage dargestellt, als Gefahr für die Gesellschaft, die aufgedeckt, reguliert und eingeschränkt werden muss. Man könnte sagen, dass sie trans Menschen zu einer Art Ärgernis erklären wollen, so ähnlich wie sie es mit Migrant:innen tun. Es ist ein künstlich herbeigeführter Notstand, um staatliche Repression zu begründen. Wir sehen in den USA auch, wie Transfeindlichkeit und das Grenzregime zusammenwirken, wenn es etwa darum geht, welche Sportler:innen Visa für internationale Sportereignisse bekommen, und welchen es verwehrt wird, einzureisen.

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