Benjamin Opratko | Vor zehn Jahren galt die Einigung auf das Pariser Klimaabkommen als Durchbruch, erstmals gab es einen Rahmen für die internationale Klimapolitik, um die Erderhitzung zu begrenzen. Sind wir diesem Ziel seither nähergekommen?
Alina Brad | Die Bilanz ist ernüchternd. In den zehn Jahren wurden zwar viele Windparks und Solaranlagen gebaut, und es gibt heute sicherlich viel mehr Bewusstsein über die ökologische Krise. Aber zugleich haben wir heute so viele Treibhausgase in der Atmosphäre wie nie zuvor. Und seit 2022 erleben wir einen veritablen Klima-Backlash, ausgelöst von der Energiekrise, die auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gefolgt war. In Deutschland ist die AfD im Zuge der Debatte um ein neues Heizungsgesetz auf das Thema aufgesprungen, in den Niederlanden gab es Bauernproteste gegen Klimaschutzmaßnahmen, in Großbritannien haben die Konservativen begonnen, massiv gegen Klimamaßnahmen vorzugehen. Auch in Österreich hat der damalige ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer die Klima-Argumente der FPÖ übernommen. Der Backlash betrifft also nicht nur die USA unter Trump. Mächtige Strukturen und Interessen, die mit dem fossilen Kapital verbunden sind, fördern diesen Backlash politisch. Sie wollen die Bemühungen, unsere Gesellschaften zu dekarbonisieren, also von der Verbrennung von Kohle, Gas und Erdöl unabhängig zu machen, zurückschlagen. Dazu kommt, dass Klimapolitik in der gegenwärtigen angespannten wirtschaftlichen Lage immer stärker mit Fragen ökonomischer Wettbewerbsfähigkeit und knapper Budgets verknüpft wird. Dann wirkt es so, als könnten wir uns Klimapolitik nicht leisten. Aktuell erleben wir eher Rückschritte, als dass wir dem Ziel, die Klimakrise abzuwehren, näherkommen würden. Es ist ganz klar, dass wir das 1,5-Grad-Ziel nicht erreichen werden. Die Klimapolitik wurde in den letzten Jahren politisch entkernt.
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