Realistische Dystopie
von Stefan Schmitzer
EUR 27,50 (AT), EUR 26,00 (DE), CHF 35,50 (CH)
Der Roman Das Lied des Propheten des 1977 geborenen Iren Paul Lynch hat immerhin den Booker-Prize 2023 erhalten, und in The Observer wurde er – wie auf der Rückseite der deutschen Ausgabe zu Recht stolz abgedruckt ist – zu einem zentralen Buch für unsere Zeit erklärt. Es liegt also nahe, dem Phänomen auf den Zahn zu fühlen.
Die Übungsannahme ist die einer autoritären Machtübernahme in der Republik Irland, genauer: das Kippen eines vielleicht rechtsautoritären, »illiberalen«, aber immer noch demokratisch und vor allem rechtsstaatlich gedeckten Regimes – seine Verwandlung in etwas augenscheinlich anderes. Es geht mithin um die Durchsetzung eines Herrschaftsmodells, das auf Angst und gegenseitigem Misstrauen beruht, innerhalb eines politischen Systems, das der bloßen Form nach weiterhin parlamentarisch-demokratisch, also auf Teilhabe und Inklusion ausgerichtet bleibt. Wir wissen, dass es das in der Geschichte des kurzen 20. und des noch nicht begonnenen 21. Jahrhunderts schon einige Male tatsächlich gab: Plötzlich treffen die stets optional vorhandenen Polizeistaatsmethoden nicht mehr nur die Migrant:innen und die wegen Armut Marginalisierten, sondern gerade die Mitte derjenigen Gesellschaftsschichten, die am öffentlichen Leben vordem besonders regen Anteil hatten – das primäre Exempel in Lynchs Buch sind die gewerkschaftlich organisierten Lehrer:innen.
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