Konjunkturprognosen bieten vierteljährlich einen Ausblick auf die Entwicklung von Wirtschaftsleistung, öffentlichen Finanzen, Beschäftigung, Emissionen oder Einkommen in Österreich. Doch zunehmende Instabilität und Verflechtung der Weltwirtschaft erschweren den Blick in die Zukunft, selbst kurzfristige Prognosen mussten zuletzt kräftig revidiert werden.
Das führende Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo kommuniziert die Herausforderungen für seine Vorhersagen offen, die Prognosefehler seien im internationalen Vergleich aber gering. Gerade in den vergangenen Jahren wurde die tiefe Rezession der heimischen Wirtschaft jedoch deutlich unterschätzt. Für 2023 und 2024 wurden in den Vorjahren immer positive Wachstumsraten erwartet, die tatsächliche Wirtschaftsleistung schrumpfte hingegen. 2025 wird mittlerweile zwar mit keinem BIP-Rückgang mehr gerechnet, die Prognosen des vergangenen Jahres sahen für heuer aber noch ein deutliches Plus. Diese Schätzungen haben reale Auswirkungen, etwa für Budgetplanung oder Lohnverhandlungen.
Dass der Wirtschaftseinbruch infolge der Pandemie nicht vorhergesagt werden konnte, wiegt weniger schwer als das Unvermögen, die Finanzkrise 2008 zu antizipieren. »Warum hat das niemand kommen sehen?«, fragte Queen Elizabeth II. damals die wirtschaftswissenschaftliche Zunft. Offenbar lag es auch daran, dass die ökonomischen Modelle mit ihren Annahmen das fragile Wirtschaftssystem nicht ausreichend abbilden können.
Die mangelnde Treffsicherheit der Prognose ist auch die Folge von Revisionen der Daten zur vergangenen Wirtschaftsentwicklung, auf denen die Schätzmodelle beruhen. Denn die Vermessung der globalisierten Wirtschaft ist für Statistikämter eine stetige Herausforderung. Der krisenanfällige Kapitalismus, erratische Politik und geopolitische Instabilität scheinen zunehmend unberechenbar, zumindest für die Mainstream-Ökonomie. Und bekanntlich ist nichts so alt wie die (falsche) Prognose von gestern.
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