Heikle Verstrickungen
von Lisa Heuschober
Erzählungen, die »wie ein Haar im Mehl« wirken: Ausgehend von Beispielen aus dem indonesischen Regenwald fragt Anna Lowenhaupt Tsings Buch »Friktionen«, wie sich Allianzen des Widerstands erfassen und entwickeln lassen.
Friktionen entstehen, wenn sich einander berührende Objekte in der Bewegung verändern, dabei rau und offen werden, eine Spur aneinander hinterlassen. Friktion bedeutet Reibung. Die sich Berührenden verlassen diese Begegnung als durcheinander anders Gewordene, möglicherweise auch als ein Durcheinander. In ihrem Buch Friktionen. Eine Ethnographie globaler Verflechtung beschreibt die Anthropologin Anna Lowenhaupt Tsing mit dem titelgebenden Begriff mobilisierende, oft konfliktgeladene Begegnungen, die politischen Wandel ermöglichen.
Konkret beobachtet Tsing, wie in Kalimantan, dem indonesischen Teil Borneos, globale Konzepte wie »Kapitalismus«, »Entwicklung« oder »Freiheit« von lokalen Akteur:innen angeeignet und adaptiert werden. Am Beispiel der Holzindustrie in Kalimantan zeigt sie auf, wie globale politische Modelle erst durch ihre Verflechtung mit lokalen Machtstrukturen wirksam, also lokal relevant werden können. So rechtfertigte der indonesische Staat unter Suhartos New-Order-Regime insbesondere seit den 1980er-Jahren die Abholzung des Regenwaldes im Kontext der noch jungen postkolonialen Unabhängigkeit Indonesiens. Durch dessen Forderungen nach nationaler »Entwicklung« konnte das Regime vor allem seine autoritäre Kontrolle durch Allianzen mit internationalen Konzernen lokal festigen.
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