»ich brauche geld. ich bin homosexuell und links. und ich schreibe romane. davon kann ich nicht leben. wer hilft mir?« So lautet der Entwurf einer um 1984 verfassten und handschriftlich korrigierten Kleinanzeige in Maschinenschrift, die ursprünglich mit der am Ende des Textes platzierten Frage beginnen hätte sollen. Die Adresse, an die mögliche Leserinnen sich wenden können, befindet sich in Westberlin, der Autor, der nach der ersten Überarbeitung nicht mehr bittet, sondern fordert, ist ein vierundzwanzigjähriger Schriftsteller, der sein erstes Buch bereits zu Schulzeiten veröffentlichte. Genau genommen hat er sein 1980 im Rotbuch Verlag publiziertes Debüt – so berichtet es seine Mutter Ellen Schernikau – kurz vor dem Abitur auf sämtliche Schulpulte geknallt und darin die Verhältnisse ebenso knapp benannt wie in seiner Annonce. Durchgekommen ist er trotzdem – zeitlebens jedoch nicht mit allem, was er potenziellen Verlegern in Ost und West vorlegen sollte. Mit einer Werkausgabe in drei Bänden, zu der Schernikaus mehr als tausend Seiten umfassendes Hauptwerk Legende – jenes Buch, an dem er bis zu seinem Tod am 20. Oktober 1991 acht Jahre lang gearbeitet hatte – den Auftakt bildet, sorgt der Berliner Verbrecher Verlag posthum für ausgleichende Gerechtigkeit.
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