Der Reumannhof ist eine das Rote Wien repräsentierende Wohnhausanlage (erbaut 1924–1926) in Margareten, die als Superblock heute rund 450 Wohnungen umfasst. Vor der Mittelachse seiner Hauptfassade und der Büste des ersten sozialdemokratischen Bürgermeisters Jakob Reumann stehen prominent Menschen in kämpferischer, abwehrender Haltung. Die Gruppe ist divers: die Menschen unterscheiden sich soziokulturell, in Alter und Geschlecht. Mittels Gesten und Körpersprache wird hier an Präsenz im Raum und an einem Gemeinschaftsgefühl gearbeitet. Im Zentrum der Arbeit mit dem Titel Die Straße. Im Rhythmus der Arbeiter*innenschaft (2020) steht Christina Werners künstlerisches Interesse an Themen wie Identität, Nation, Migration im Zusammenspiel mit Untersuchungen von Körperpolitiken in Widerstandsbewegungen. Geht es ihr doch darum, sich dem aktuellen politischen Klima und dem Erstarken nationalistischer Bewegungen entgegenzustellen.
Das Projekt setzt sich mit der Geschichte der Arbeiterbewegung und deren Kampf gegen Faschismus und für Freiheit und Demokratie auseinander. In Österreich erlangte die Bewegung mit ihren Forderungen nach Bildung, Frauenwahlrecht oder auch dem Achtstundentag in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Sichtbarkeit und um 1920/30 ihren Höhepunkt. Christina Werner entnimmt ihren Bibliotheks- und Archivrecherchen Gesten und Parolen der Gemeinschaft und des Widerstands und überführt diese in ein kollaborativ erarbeitetes Projekt. Unterschiedliche dramaturgische Handlungsstränge kommen an Orten, die die Wiener Arbeiterbewegung geprägt haben, zur Aufführung. Es werden Verbindungen zwischen Körperpolitik und Alltag hergestellt und beispielsweise die Frage aufgemacht, ob Bewegungsfreiheit wirklich für Alle das gleiche bedeutet?
Das installative, multimediale Projekt umfasst auch eine kleine Publikation und ist bis zum 30. April 2021 in den Räumen der Wiener Arbeiterkammer zu sehen.
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