Der Corona-Crash

von Grace Blakeley

Die durch das Corona-Virus ausgelöste Panik hat eine lang erwartete Korrektur der Vermögenspreise ausgelöst.

Das Corona-Virus löst weiterhin Panik unter Investoren aus. Aus Angst vor einem großen Krach fliehen die Anleger aus Aktien und kurzfristigen Anleihen und bringen Vermögen in Sicherheit: in Gold, langfristige Anleihen und in einigen Fällen auch in Bargeld.

Der Absturz der Aktienmärkte in den USA folgt auf den längsten Börsenaufschwung der Geschichte. In den zwölf Jahren seit der globalen Finanzkrise 2008 gab es eine fast ununterbrochene Periode steigender Aktienpreise. In Großbritannien und Europa wurden die Aktienkurse zwar durch den Brexit und Währungsschwankungen beeinträchtigt, aber in den meisten führenden Volkswirtschaften sind sie, im Verhältnis zur wahrscheinlichen Entwicklung der Unternehmensrentabilität in den kommenden Jahren, weiterhin auf sehr hohem Niveau.

Die Realwirtschaft in den führenden Ökonomien entwickelt sich dagegen schon seit 2009 schlecht. In den USA ist die Produktivitätsentwicklung seit 2009 schwach. Das Produktivitätswachstum in der Eurozone ist seit 2012 nicht über 1,5 Prozent hinausgekommen. Großbritannien hat unterdessen die längste Periode der Produktivitätsstagnation seit der Erfindung der Glühbirne durchlaufen.

Was erklärt die enorme Kluft zwischen der Entwicklung der Aktienmärkte auf der einen und jener der wirtschaftlichen Fundamentaldaten in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften auf der anderen Seite? Die Antwort heißt: quantitative Lockerung. Die vier größten Zentralbanken der Welt haben seit 2010 neues Geld im Wert von mehr als 10 Billionen US-Dollar in das globale Finanzsystem gesteckt, ein großer Teil dieses Geldes ist in Aktien und Anleihen geflossen. Ein weiterer Teil wurde in die Immobilienmärkte geleitet und hat in vielen Städten zur Mietenkrise beigetragen.

Die extrem lockere Geldpolitik hat die Vermögenswerte der Wohlhabenden gestützt, während die Realwirtschaft stagnierte. Das konnte auf lange Sicht nicht nachhaltig sein. Letztlich sollten Vermögenswerte auf den wirtschaftlichen Grundlagen basieren. Immobilienpreise sollten sich langfristig nicht von den Einkommen entkoppeln. Die quantitative Lockerung hat diese Logik auf den Kopf gestellt. Sie hat die Vermögenspreise in die Höhe getrieben, obwohl die Investorinnen erwarten, dass sich die Wirtschaft in naher Zukunft verschlechtern wird.

Die durch das Corona-Virus ausgelöste Panik hat nun eine lang erwartete Korrektur der Vermögenspreise ausgelöst. Niemand weiß, wie schnell sich das Virus ausbreiten wird und die Ungewissheit ist der größte Feind von Investitionen. Wenn sie unsicher in die Zukunft blicken, halten Unternehmen und Investoren ihr Kapital zurück.

»DIE REGIERUNGEN HABEN IHR GELDPOLITISCHES FEUER VER- SCHOSSEN. WENN SIE ÜBERHAUPT REAGIEREN KÖNNEN, DANN NUR FISKALPOLITISCH.«

Der Einbruch der Vermögenswerte wird auf einfache Arbeiterinnen wahrscheinlich keine großen Auswirkungen haben, außer durch die Verringerung des Wertes ihrer Pensionsvorsorge. Aber die Volatilität der Aktienmärkte gibt uns einen Vorgeschmack auf die wahrscheinlichen langfristigen wirtschaftlichen Auswirkungen des Virus. Umfassende Quarantänemaßnahmen, die Absage von Großveranstaltungen und die anhaltende Unsicherheit werden einen Einbruch der Produktion zur Folge haben.

Die Regierungen haben derweil ihr geldpolitisches Feuer verschossen. Wenn sie überhaupt reagieren können, dann nur mit fiskalischen Maßnahmen. Koordinierte Konjunkturprogramme der wichtigsten Volkswirtschaften der Welt könnten einen signifikanten Abschwung verhindern. Die Kreditaufnahme ist schließlich günstiger denn je. Da das Virus ärmere Länder und vulnerable Personen besonders hart trifft, müssten die Maßnahmen auf den Schutz der am wenigsten Wohlhabenden ausgerichtet sein. Und da die Klimakrise langfristig eine weitaus größere Bedrohung für die Menschheit darstellt als das Corona-Virus, sollten sie auch den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen fördern. Anders gesagt: Wann, wenn nicht jetzt wäre der perfekte Zeitpunkt für einen Green New Deal.

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