Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf für ein Maßnahmenpaket gegen Hass im Netz greift viele zivilgesellschaftliche Erfahrungen aus der Arbeit mit Betroffenen auf. So wurde beispielsweise der Schutz vor Verhetzung ausgeweitet. Zukünftig sind auch bestimmte Beschimpfungen von Einzelpersonen, wenn diese aufgrund der (zugeschriebenen) Gruppenzugehörigkeit gemacht werden, vom Tatbestand der Verhetzung erfasst. Wer jemanden zum Beispiel via Facebook-Kommentar rassistisch beleidigt, muss künftig mit einer Verurteilung nach dem Verhetzungsparagraphen rechnen. Solche Beschimpfungen sind dann nicht mehr nur eine privatrechtliche Angelegenheit, sondern ein Offizialdelikt. Als solches sind sie mit einem deutlich höheren Strafrahmen bedroht und müssen von der Staatsanwaltschaft von sich aus verfolgt werden. Die Verantwortung für die Strafverfolgung liegt also nicht mehr bei der betroffenen Person.
Eine wesentliche Neuerung ist, dass Betroffene von Hass im Netz durch das Gesetz leichter zu ihrem Recht kommen können. Wer seine oder ihre Persönlichkeitsrechte im Internet verletzt sieht, kann ein sogenanntes Mandatsverfahren beim zuständigen Bezirksgericht einbringen. Dabei handelt es sich um ein vereinfachtes und kostengünstiges Unterlassungsverfahren, das auch auf Privatnachrichten angewandt werden kann.
Klar ist aber auch, dass der Gang zum Gericht trotz niedrigerer Kosten und vereinfachter Verfahren für viele Menschen immer noch eine Hürde darstellen kann. Um den Betroffenen echte Möglichkeiten in die Hand zu geben, sich gegen rassistische und sexistische Angriffe zu wehren, ist praktische Unterstützung nötig. Das zeigen die Erfahrungen der ZARA-Beratungsstelle #GegenHassimNetz, die im Jahr 2017 gegründet wurde. Positiv ist deshalb auch, dass ZARA und ähnliche Stellen in Mandatsverfahren künftig nicht nur beratend unterstützen, sondern im Rahmen des Rechtshilfefonds gegen Hass im Netz in vielen Fällen die Kosten tragen können.
Natürlich bleiben einige offene Fragen, können neue Probleme auftauchen. So ist die Idee, Plattformen wie Facebook und Twitter in die Verantwortung zu nehmen, richtig. Unklar bleibt aber, wie verhindert werden kann, dass die Betreiber zu viele und intransparente Löschungen vornehmen. Insgesamt ist die Gesetzesinitiative aber ein Schritt in die richtige Richtung.
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