Kein Feiertag spaltet Kärnten so sehr wie der 10. Oktober. Das Datum umfasst in seiner erinnerungskulturellen Bedeutung zwei Ereignisse, die gemeinsam den größten Landesmythos bilden: der als »Kärntner Abwehrkampf« bekannte bewaffnete Konflikt mit dem SHS-Staat sowie das Plebiszit im Süden des Bundeslandes, auch »Kärntner Volksabstimmung« genannt. Die Mystifikation dieser Ereignisse hat antidemokratische Effekte, über ein Jahrhundert hinweg wurde die landesweite Jubiläums- und Verherrlichungskultur vor allem zum Abhalten antislowenischer und pro-deutschnationaler Feiern genutzt. Hinzu kommt, dass diese Feste sich zwischen 1930 und 1945 hervorragend als Vehikel für faschistische und nazistische Propaganda eigneten. Auch im wieder Republik gewordenen Österreich blieben sie revisionistische Feierlichkeiten, die oftmals einer neonazistischen Szene eine Bühne boten.
Nun jährt sich die Volksabstimmung zum hundertsten Mal. CARINTHIja2020 lautet der Titel des von der Landesregierung 2018 erstmals als »Jubiläumsjahr« präsentierten Veranstaltungsmarathons. Blickt man auf die offiziellen Festakte, sind wenige Überraschungen festzustellen, der 10. Oktober wird im Jahr 2020 begangen wie bislang jedes Jahr: zutiefst konservativ. Zunächst ist eine »Festsitzung der Kärntner Landesregierung und des Kärntner Landtages« im Großen Wappensaal des Landhauses geplant, es folgen »Gedenkveranstaltungen und Kranzniederlegungen«, ein »Festgottesdienst« und als Abschlussveranstaltung eine »Angelobung von SoldatInnen des Österreichischen Bundesheeres«.
In altbekannter Eintracht von Land, Kirche und Streitkraft soll der Volksabstimmung gedacht werden – wenn auch wegen Corona in reduzierter Aufmachung. Als Beiwerk wird, wie schon in den letzten Jahren, auf vielen dieser Festakte Slowenisch gesprochen. Im Jubiläumsjahr gibt es also keine Neudefinition von Gedenken, stattdessen einfallslosen Traditionalismus. Die Versteinerung des alljährlichen Gedenkens blieb vom »sozialdemokratischen turn« in Kärnten unangetastet.
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