Für Käthe Leichter

von Margarete Maria Grandner Gabriella Hauch u. a. m.

Illustration: Ūla Šveikauskaitė

Ende letzten Jahres hat Frauenministerin Susanne Raab den Käthe-Leichter-Staatspreis kurzerhand abgeschafft. Diese frauen- und erinnerungspolitische Bankrotterklärung muss korrigiert werden.


342 wörter
~2 minuten

Käthe Leichter, geborene Marianne Katharina Pick, promovierte 1918 an der Universität Heidelberg. Den Zugang zum Studium der Staatswissenschaften an der Universität Wien, das Frauen verschlossen war, erfocht sie vor dem Reichsgericht. Die Abschlussprüfung ihres Studiums konnte sie als weibliche Kandidatin dort dennoch nicht ablegen. Aufgrund ihrer pazifistischen Aktionen musste Käthe Leichter für ihren Abschluss an die Universität Heidelberg, die Universität ihres Doktorvaters Max Weber, ausweichen. Die Universität Heidelberg hat zu ihrem Gedenken gerade ein Käthe-Leichter-Forum für Doktorandinnen eröffnet.

Die österreichische Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) hat im Gegensatz dazu 2022 nicht nur den seit 1992 existierenden Käthe-Leichter-Staatspreis für Frauenforschung, Geschlechterforschung und Gleichstellung in der Arbeitswelt abgeschafft, sondern auch vier weitere Käthe-Leichter-Preise, die von einzelnen Bundesministerien verliehen wurden, in allgemeine »Frauenpreise« umgewandelt. Die verbleibenden Käthe-Leichter-Preise der Österreichischen Nationalbank und der Arbeiterkammer Wien wurden in der Einladung zur Preisverleihung am 19. Dezember 2022 nicht einmal mehr als solche ausgewiesen.

Die Jury der Käthe-Leichter-­Preise wurde vor vollendete Tatsachen gestellt. Eine inhaltlich nachvollziehbare Begründung, warum es keinen Käthe-Leichter-Staatspreis mehr gibt und warum auch die weiteren vier Käthe-Leichter-­Preise abgeschafft wurden, blieben die Bundesministerin und ihre Kolleginnen und Kollegen in den beteiligten Ressorts bisher schuldig. Wir erachten die Aktion, den Namen und die Bedeutung Käthe Leichters zum Verschwinden bringen zu wollen, als höchst problematisch. Es handelt sich bei Käthe Leichter um eine der ersten österreichischen Sozialwissenschafterinnen. Sie war als Forscherin bereits zu Lebzeiten und nach dem Zweiten Weltkrieg international anerkannt. Einem großbürgerlichen Milieu entstammend, stieß sie im Laufe ihres Lebens aufgrund ihrer Beschäftigung mit sozial benachteiligten Bevölkerungsschichten zur Sozialdemokratie. Als Jüdin und aufgrund ihres politischen Widerstandes wurde sie von den nationalsozialistischen Machthabern ermordet.

Wir verlangen daher die Wiederherstellung des Käthe-Leichter-Staatspreises und der weiteren Käthe-Leichter-Preise.

Die Wissenschafterinnen Margarete Maria Grandner, Gabriella Hauch, Ingrid Mairhuber, Anna Steiger, Doris Weichselbaumer sowie Pia Lichtblau (ÖGB) und Ingrid Moritz (AK) sind Mitglieder der Jury des Käthe-Leichter-Preises. Ihrer Forderung haben sich mittlerweile rund 70 Käthe-Leichter-Preisträgerinnen angeschlossen.

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