Ohnmacht und Einvernehmen

von Sasha de Vogel

Illustration: Ūla Šveikauskaitė

In der Ukraine starben bereits mehr russische Soldaten als in allen Kriegen des Landes seit 1945 zusammen. Im Innern ist Russland von zunehmender Repression und einer Kultur der Gleichgültigkeit geprägt.


2363 wörter
~10 minuten

Als ich anderen Russland-Spezialisten davon erzählt habe, dass ich gerade an einer kleinen Studie darüber arbeite, wie sich die Beziehungen zwischen Staat und Gesellschaft in Russland seit dem Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 verändert haben, bekam ich stets die gleiche Einschätzung zu hören: Alles hat sich verändert – und alles bleibt beim Alten.

In der Tat ist nichts, wie es war. Russland hat beim Versuch, seine frühere Kolonie wieder in Besitz zu nehmen, sinnlose Zerstörung und maßlose Gewalt über die Ukraine gebracht. Zugleich zogen Schockwellen über das eigene Land hinweg: Nach einem Jahr Krieg musste Russland geschätzte 60.000 bis 70.000 tote Soldaten hinnehmen, was wahrscheinlich bereits alle russischen Gefallenen der sowjetischen und russischen Kriege seit 1945 übertrifft. Der Bedarf an Kampftauglichen für die Front machte eine »Teilmobilisierung« erforderlich, die die Einberufung von 300.000 Männern und eine aktive Anwerbung in Gefängnissen zur Folge hatte. Russland ist zudem den umfassendsten Wirtschaftssanktionen ausgesetzt, die es je gab, während eine Million Russen und Russinnen das Land verlassen haben. Dem Überfall auf die Ukraine folgte im Inneren eine Welle von Zensurmaßnahmen, weiteren repressiven Gesetzen und offizieller Propaganda.

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