Das umgestülpte Klassenzimmer

von Philipp Kerr und Anna-Elisabeth Mayer

Illustration: Lou Kiss

Künstliche Intelligenz soll das Bildungswesen revolutionieren – zumindest wenn es nach den Tech-Konzernen geht. Doch die Technologie birgt unabsehbare Risiken für ein bereits überlastetes System.


3224 wörter
~13 minuten

Als ChatGPT im November 2022 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, wurde das Tool weithin als bahnbrechende Technologie gefeiert. Der generative KI-Chatbot, der mithilfe riesiger Textdatenbanken trainiert wurde und menschenähnliche Antworten auf Fragen geben kann, werde unsere Art zu arbeiten, zu denken und zu leben revolutionieren, hieß es. Kaum ein Bereich, der davon nicht beeinflusst werde: Journalismus, Rechtsberufe, Marketing, Gesundheitswesen – oder das Bildungswesen.

Aber wie wird sich Bildung genau verändern? Die gängigste Vorhersage ist, dass KI zu einer stärker personalisierten Vermittlung führen wird, bei der Lerninhalte individuell angepasst werden können, unmittelbar relevantes, personalisiertes Feedback soll möglich sein. Zeitraubende Aufgaben wie das Korrigieren von Arbeiten würden Lehrkräften abgenommen, wodurch ihnen mehr Raum für wichtige Tätigkeiten bliebe – etwa ihre Schüler:innen zu motivieren oder deren kritisches Denken zu fördern. All dies, so heißt es, werde die Lernergebnisse verbessern und das Lernen effizienter gestalten. Und das sei dringend notwendig, wenn Bildung sich vom Fabrikmodell des 19. Jahrhunderts lösen und stärker an den Bedürfnissen der Lernenden in einer heutigen Wissensgesellschaft orientieren solle. Solche Antworten finden sich – wenig überraschend – in nationalen und internationalen bildungspolitischen Strategiepapieren. Und sie entsprechen genau den Aussagen, die man erhält, wenn man ein KI-System wie ChatGPT oder Microsoft Copilot bittet, über »die Versprechen der KI in der Bildung« zu sprechen. Diese generativen KI-Tools sind hervorragend darin, die am leichtesten zugänglichen Online-Quellen zusammenzufassen.

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