Ernst Logar: Postfossile Gesellschaft

von Margit Neuhold

»Bilder der Auseinandersetzung« 5|25

Ernst Logar, Jebel Ali Power Plant & Desalination, aus der Serie: Oil Soaked Dubai, 2021. Material und Maße variabel. Copyright: Bildrecht Wien, 2025.

An der Küste des Persischen Golfs südwestlich von Dubai erstreckt sich die Kraftwerks- und Meerwasserentsalzungsanlage Dschabal Ali über eine Stecke von drei Kilometern. Das weltweit größte gasbefeuerte Kraftwerk deckt den Großteil des Energie- und Wasserbedarfs des Emirats. Ernst Logar hat die Serie, aus der diese Aufnahme stammt, mit Oil Soaked Dubai (2021) betitelt. Seit 2008 beschäftigt sich der Künstler mit Petrokultur und der Materialität des fossilen Rohöls in seinen unterschiedlichen Ausformungen. Er nimmt sie nicht nur als Energieressource und als wandelbare Substanz, die in sämtlichen Bereichen unseres Alltags verankert ist, in den Blick, sondern erforscht auch, wie diese Substanz unsere Werte, Gewohnheiten und Gefühle formt.

Sein interdisziplinäres Forschungsprojekt Reflecting Oil: Arts-Based Research on Oil Transitionings (2019–2024) hat zum Ziel, ein Verständnis des fossilen Stoffes abseits seiner wissenschaftlichen Abstraktion zu erarbeiten und mit Erzählungen und Repräsentationsformen zu experimentieren, um einen gesellschaftlichen Wandel, einen Ausstieg aus der fossilen Kultur voranzutreiben. Dem Ansatz folgend, dass man, um eine Post-Öl-Gesellschaft zu imaginieren, den fossilen Rohstoff erst umfassend verstehen muss, geht Logar auch von der sensorischen Perzeption seiner Stofflichkeit aus: der Viskosität, Farbigkeit, Taktilität und dem Geruch.

Neben Fingerabdruck- und Geruchsexperimenten mit Erdöl aus unterschiedlichen Regionen lotet er auch dessen visuelle Qualität aus. Die hier gezeigte analoge Fotografie hat er mit einer Lochkamera und durch eine mit Rohöl bestrichene Glasplatte hindurch aufgenommen: Das Öl hat nicht nur changierende Schlieren, sondern auch eindrucksvolle Sterne über das Bild gelegt. Der Ursprung dieser Glanzpunkte liegt in den geologischen Tiefen und besteht aus toten Pflanzen und Wassertieren, die vor rund 65 bis 200 Millionen Jahren auf den Meeresgrund sanken. Diese Fotografie vereint nicht nur die Ressourcenknappheit und Erderhitzung – die überraschend poetische Qualität mag für eine Petromelancholie stehen, die es nun zu überwinden gilt.

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