Am 3. Jänner zeigte die Jüdische Hochschülerschaft Herbert Kickl wegen Verharmlosung des Nationalsozialismus an. In einem ZiB 2-Interview hatte der, angesprochen auf die zweckumgewidmeten Davidsterne auf Anti-Corona-Maßnahmen-Demos, gemeint, »dass der Nationalsozialismus ja nicht mit einem Weltkrieg begonnen hat und nicht mit irgendwelchen Vernichtungslagern, sondern er hat damit begonnen, dass man Menschen systematisch ausgegrenzt hat. Er hat damit begonnen, dass man zum Beispiel Kinder, weil sie jüdischer Abstammung gewesen sind, nicht in die Schule gelassen hat.«
All die permanenten Vorstöße ins Unfassbare, mit welchen der Rechtspopulismus seit Jahrzehnten mit diesem versöhnt und an jenes gewöhnt, funktionieren nach Plan. Dass sich der verrohte Kleinbürger, weil man ihm das Anrecht auf die Übersterblichkeit der anderen verwehren will, mit den Opfern des industriellen Massenmordes gleichstellt, verharmlost sogar den Vorwurf der NS-Verharmlosung – und wird nur durch Kickls Versuch übertroffen, die Demonstrantinnen als die wahren Antifaschisten zu rehabilitieren. Die Verwendung von NS-Symbolen sei keine Verharmlosung, sondern Kritik, meint auch FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz: »Wer auf totalitäre Entwicklungen hinweist, der verharmlost nicht eine Diktatur, sondern warnt davor.« Kickls Logik: Die Demonstrantinnen könnten gar keine NS-Sympathisanten sein, weil sie schließlich so etwas abgrundtief Böses wie antiepidemische Maßnahmen mit dem Nationalsozialismus verglichen. Folglich fänden sie diesen auch nicht besonders hübsch und bekundeten damit ihre aufrichtige antifaschistische Gesinnung.
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