H.: »Uncovering our true selves, getting rid of the poison of judgement and hate towards anything different from the norm is a battle we as society, but mostly as individuals have to take. Sexism, nationalism, homophobia and fear have no place in a growing world. I stand as a witness.«

»I’m a son, a boyfriend, a friend, a feminist, a human being, a student, a worker, a queer …«, beschreibt Matej die vielen Facetten seiner Identität. In ihrem Projekt Guarding Lions (seit 2019), zu dem diese Selbst-beschreibung gehört, porträtiert die in Wien lebende Künstlerin Elodie Grethen Personen, die für die Interessen eines intersektionalen Feminismus sowie der LGBTQ+-Community in Sarajevo kämpfen. Ausgehend von persönlichen Empfehlungen und über Social Media geknüpften Kontakten lud Grethen die abgebildeten Personen ein, sich in den Fotografien so zu präsentieren, wie sie sich in ihrem Selbstverständnis und unabhängig von gesellschaftlichen Zuschreibungen sehen. Ein solcher Safe Space für das Ausleben der eigenen Identität ist etwas, das den Porträtierten in ihrem heteronormativ und von patriarchalen Strukturen geprägten Alltag auch heute noch oft vorenthalten bleibt. Wenngleich Sarajevo als die liberalste Stadt Bosnien-Herzegowinas gesehen werden kann, sind viele Menschen aufgrund ihres Engagements, ihrer Geschlechteridentität und/oder ihrer sexuellen Orientierung quasi täglich Diskriminierung und Anfeindungen ausgesetzt. Erst 2019 fand in Sarajevo die erste Pride Parade statt – begleitet von zwei Gegendemonstrationen, Forderungen einzelner politischer Parteien, die Veranstaltung abzusagen, sowie einem enormen Polizeiaufgebot. Dabei ist es die Sichtbarmachung und Verteidigung des von der konservativen Gesellschaft mit Argwohn und Feindseligkeit Betrachteten, die auf längere Sicht erst zu dessen Akzeptanz führen kann.

Elodie Grethen nutzt hierfür das Medium der Fotografie: In ihrer Serie, die neben den erwähnten Aufnahmen und Selbstbeschreibungen der Porträtierten auch atmosphärische Innenraumaufnahmen und Architekturansichten von Sarajevo beinhaltet, verdichtet sie die Frage nach dem von Henri Lefebvre formulierten »Recht auf Stadt« und seiner Forderung nach einem kollektiv gestalteten und genutzten öffentlichen Raum. Für die Porträtierten, die stellvertretend für eine größere Gemeinschaft von Menschen stehen, die nicht den traditionellen Geschlechterbildern und Erwartungen der bosnischen Gesellschaft entsprechen, schafft Grethen im Zuge ihrer Serie einen utopischen Raum der Selbstbestimmung und des Empowerment, dessen Verteidigung mehr als dringlich ist.

H., 2019. Inkjet-Print auf Satin Photo Realistic Paper, 45 × 30 cm; Bedroom, 2019. Inkjet-Print auf Satin Photo Realistic Paper, 46 × 31 cm (gerahmt); Momo and Uzeir, solarized, 2019. Inkjet-Print auf Barytpapier, 87 × 62 cm (gerahmt). © Bildrecht, Wien 2021.

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