Julia Lübbecke: Gesten der Teilhabe

von Margit Neuhold

»Bilder der Auseinandersetzung« 12/1|22/23, in Zusammenarbeit mit »Camera Austria International«.

Julia Lübbecke interessiert sich für feministische und queere Bewegungen, für deren emanzipatorische Anstrengungen gegen Ungleichheit und Diskriminierung, aber auch dafür, wie diese erinnert oder vergessen werden. Sie recherchiert und forscht in institutionellen wie auch in freien Archiven oder in sogenannten Archiven von unten, die sich der Geschichte von Arbeiter- und Frauenbewegungen oder der Neuen Sozialen Bewegungen annehmen. Lübbecke interessiert sich aber auch für den Körper, lotet Möglichkeiten der Teilhabe aus, untersucht Affekte wie Begehren und Unbehagen. In ihrem »subjektiven Archiv« – ein Begriff, der den Subjektivierungsprozess in den Vordergrund rücken und den Archivbegriff hinterfragen soll –, finden sich neben Reproduktionen von prekärem Material wie Zines oder Zeitungsberichten auch eigenes künstlerisches Material in Form von Performance, Text, Video- oder fotografischen Installationen.

Die hier abgebildete Arbeit Vestiges (dt. »Spuren«, 2022) zeigt zu Fäusten geballte Hände, verkettete Arme, gehaltene Körper, daneben Rückenansichten. Übereinandergekleisterte Schichten von bedrucktem Papier, das teils herausgerissen ist, funktionieren als Collage. Julia Lübbecke wurde vom Museo de la Memoria y los Derechos Humanos in Santiago de Chile zur Ausstellung Rebeldes (»Rebellen«) eingeladen, wo auch diese Arbeit entstand. In Chile ist der Feminismus innerhalb der Widerstandsbewegungen traditionell stark verankert. Auf die von weiten Teilen der Bevölkerung getragenen Proteste gegen soziale Ungleichheiten, die im Oktober 2019 ihren Anfang nahmen, reagierte die Regierung mit Repressionen. Als Antwort auf Ausgangssperren wurde in den sozialen Medien dazu aufgerufen, Aufnahmen von Protesten und Protestierenden in den Straßen zu plakatieren. Julia Lübbecke hat diese Form des Widerstands und der Teilhabe aufgegriffen, künstlerisch untersucht und sowohl in den Ausstellungsraum als auch zurück in den öffentlichen Raum getragen.

Julia Lübbecke, Details aus: Vestiges, 2022. Affichenpapier, je 118,9 × 84,1 cm auf 150 × 150 cm Metallplatten.
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