Julia Gaisbacher: Was übrig bleibt

von Christina Töpfer

»Bilder der Auseinandersetzung« 6|2023. In Zusammenarbeit mit »Camera Austria International«

Als sich Julia Gaisbacher vor vier Jahren im Zuge eines Artist-in-Residence-Aufenthalts in der kroatischen Hauptstadt erstmals mit dem Stadtentwicklungsprojekt »Zagreb Manhattan« beschäftigte, war noch nicht abzusehen, welche Richtung das Bauvorhaben nehmen sollte. Ein »neues innovatives Stadtgebiet mit gemischten Nutzungsformen« zu entwickeln galt im März 2019 schließlich noch als Zielvorgabe für das ambitionierte, vom damaligen Zagreber Bürgermeister Milan Bandić angestoßene Projekt. Realisiert werden sollte »Zagreb Manhattan« gemeinsam mit dem arabischen Geschäftsmann Mohamed Alabbar. Für Gaisbacher kein Unbekannter, war der Vorsitzende der Immobilienfirma Eagle Hills doch auch schon für das in Belgrad umgesetzte Großprojekt »Belgrade Waterfront« verantwortlich – Gaisbacher dokumentierte es in ihrer Werkserie One Day You Will Miss Me.

Für Alabbars Projekt in Zagreb sollte nun ein circa 110 Hektar umfassendes, in Stadtbesitz befindliches Gebiet weichen, inklusive des aufgrund seiner brutalistischen Architektur ikonischen und architekturhistorisch relevanten Messegeländes, des angrenzenden Hippodroms sowie des für den Hochwasserschutz überaus wichtigen Schwemmgebiets der Save. Ein Vorhaben, das heftige Proteste aus der Zivilbevölkerung und von verschiedenen NGOs hervorrief.

Im Zuge ihres Aufenthalts begann Julia Gaisbacher damit, die teils verfallenen Architekturen des zukünftigen Baugrunds und die dazwischenliegenden Straßen, Plätze und Leerstellen fotografisch zu vermessen. Mit der Anfang 2020 endgültig getroffenen Entscheidung, die für das Projekt erforderliche Adaptierung des Flächenwidmungsplans nicht zu genehmigen, änderte sich auch der Fokus ihrer Arbeit. Gaisbacher besucht Zagreb bis heute regelmäßig und verfolgt die weitere Entwicklung in der Stadt aufmerksam. What Remains!? thematisiert vor diesem Hintergrund nun die Frage, was von dem verworfenen Projekt übrig geblieben ist, in welcher Form sich das durch die Proteste generierte öffentliche Bewusstsein für das Stadtgefüge fortschreibt, welche Spuren die Protestbewegung hinterlassen hat und wie sich das heterogene Areal weiterentwickelt.

Julia Gaisbacher, aus der mehrteiligen Fotoserie: What Remains!?, 2019–2023. Material und Größe variabel.
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