Wenn Babler will

von Samuel Stuhlpfarrer

Foto: Christopher Glanzl

Sollte es beim SPÖ-Parteitag am 3. Juni zu einer Stichwahl kommen, wäre alles andere als ein Sieg Andreas Bablers eine Überraschung.


518 wörter
~3 minuten

Unlängst habe ich mir Schelte vom Textchef eingebrockt. Mein vorletztes Editorial sei »ein unverklausuliertes Juchhe für den Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler« gewesen, monierte der hochgeschätzte Kollege Eder und schob die Frage nach: »Stimmung machen für Personen, deren Geschäft die Politik ist, ist das nicht eher der Stil von KroneKurier und Co?«. Man könnte, oft sind die Dinge bekanntermaßen kompliziert, zugleich zustimmen und dagegenhalten. Wenn man nur lange genug zuwartet, kann man sich aber bestimmt auch auf einen Tweet von Falter-Twitter-Icon Florian Klenk ausreden.

»Wer ist der neue SPÖ-Chef?«, twitterte der Chefredakteur der Wiener Wochenzeitung am Tag der Ergebnisbekanntgabe der Mitgliederbefragung, schon knapp zehn Minuten nachdem Hans Peter Doskozil etwas mehr als 33 Prozent der Stimmen ausgewiesen wurden. Er verlinkte dazu ein Porträt des Kandidaten der Partei-Rechten. Das war selbst Klenks Chefreporterin Nina Horaczek zu steil: »Für neuen Parteichef ist es noch ein bissl sehr früh. 33 % für Doskozil heißt auch, fast 70 % der Parteimitglieder haben ihn nicht gewählt.« Klenk antwortete Horaczek noch einmal, aber nach dem Satz »Wer vorne ist, der hat gewonnen« habe ich zu lesen aufgehört. Man muss sich an der intellektuellen Selbstentblößung eines Kollegen nicht zwingend delektieren, schon gar nicht der SPÖ wegen.

Wie auch immer: Klenks Tweets unterschieden sich kaum von dem, was die Doskozil-Buddys Rudolf Fußi, Max Lercher oder Josef Kalina von sich gegeben haben: schlichte Versuche, dem Ergebnis der SPÖ-Mitgliederbefragung eine Bedeutung zu verleihen, die keine reale Entsprechung hat, dafür aber reichlich Interessen im Hintergrund bedient.

Niemand repräsentiert Mehrheit

Tatsächlich stellen sich die Dinge folgendermaßen dar: Drei Kandidaten liegen innerhalb eines Bereichs von nur 2,33 Prozentpunkten. Unabhängig davon, dass Rendi-Wagner- und Babler-Wählerinnen das Motiv teilen, Doskozil zu verhindern, und unabhängig von der systematischen Benachteiligung Bablers im Wahlprozess – es gibt schlicht niemanden, der oder die auch nur annähernd behaupten könnte, die Mehrheit der Partei zu repräsentieren. Horaczek hat recht: Fast 70 Prozent der Parteimitglieder haben gegen jeden Kandidaten und jede Kandidatin gestimmt.

Logisch wäre demnach eine Stichwahl unter den Mitgliedern. Dazu aber dürfte es nicht kommen, schließlich werden sich dagegen nicht nur Doskozils Getreue aussprechen, die eine solche Abstimmung zu Recht fürchten. Auch Rendi-Wagners Entourage ist eine solche Vorgangsweise kulturell kaum zuzutrauen. Dazu kommt, dass sich die Gewerkschaften vor dem Kongress des Österreichischen Gewerkschaftsbunds vom 20. bis zum 22. Juni Ruhe wünschen und am Termin für den Parteitag festhalten wollen.

Eine Stichwahl am 3. Juni in Linz kann somit nur eine einzige Person verhindern, nämlich Andreas Babler selbst. Davon aber ist aus heutiger Sicht nicht auszugehen. Von Beginn an hat Babler seinen Antritt bei einem knappen Ergebnis angekündigt, etwa auch im ausführlichen TAGEBUCH-Interview. Seit gestern sind seine Aussichten nun noch einmal besser geworden: Es ist kaum anzunehmen, dass jene, die sich in der Mitgliederbefragung für Pamela Rendi-Wagner ausgesprochen haben, jetzt mit wehenden Fahnen in das Lager des Erzfeindes Hans Peter Doskozil überlaufen werden. Im Gegenteil: Wenn Andreas Babler will, dann wird er der nächste Vorsitzende der SPÖ sein.

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