Vom Ende der Zukunft

von Felix Diefenhardt

Illustration: Dani Maiz

Zukunftsglaube war einst das Geschäft der Linken. Heute sind es die Tech-Giganten des Silicon Valley, die Utopien zu Gold machen. Was steckt hinter diesem Business-Futurismus?


2949 wörter
~12 minuten

Irgendwann in den 1970er-Jahren ging für den Kulturtheoretiker Franco »Bifo« Berardi ein Jahrhundert zu Ende, das an die Zukunft glaubte. Das in Erwartung auf entfesselte Produktivkräfte und Wohlstand und Überfluss für alle lebte und sich das Erreichen dieser Zukunft zum politischen Projekt machte. Am Ende dieses Jahrhunderts sei, so Berardi, der Moderne ihre politische Zukunftsfähigkeit abhandengekommen, die Fähigkeit sich eine gänzlich andere, bessere Zukunft vorzustellen und auf diese hinzuarbeiten. Mit Blick auf den heutigen politischen Diskurs scheint diese Diagnose zunächst korrekt. Die Visionen, die gegenwärtig diskutiert werden, beziehen sich auf Zukünfte jenseits jedes utopischen Potenzials.

Auf der einen Seite stehen liberale und rechts-konservative Angebote, die in erster Linie eine Rückkehr zu einer vermeintlichen Normalität in Aussicht stellen, sich jedoch darüber uneins sind, wo diese Normalität genau zu finden sei. Der deutsche Finanzminister Christian Lindner (FDP) etwa will zurück zum ordoliberalen Konsens der 1990er-Jahre: fiskalpolitische Disziplin und Entpolitisierung der Wirtschaft sowie des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Das trumpistische »Again« scheint wiederum eher auf die weiße, patriarchale Mittelklassegesellschaft der unmittelbaren Nachkriegszeit zu verweisen. Dem gegenüber stehen ökologische Bewegungen und Diskurse, die in der Zukunft eine Katastrophe sehen, die es in letzter Minute abzuwenden oder an die es sich zumindest anzupassen gilt. Exemplarisch hierfür stehen die Namen von Gruppen wie Letzte Generation oder Extinction Rebellion.

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