Susanne Kriemann: Traumatisierte Terrains

von Margit Neuhold

»Bilder der Auseinandersetzung« 3|25

Verkehrsleitschienen grenzten einst die Fahrbahnen von Birke, Ginster, Fichte und Efeu ab, nun siedeln sich auf der vor einigen Jahren aufgegebenen Straße Moos, Klee, Gräser und Haselstauden an. Die Fotografie hält in Schwebe, wohin die Straße führt, möglicherweise zu der kleinen hellen Stelle, an der im Zentrum des Bildes Wasser glitzert. Jedoch zeigt die präzise Aufnahme von Susanne Kriemann kein landschaftliches Idyll, keinen Weg in verwunschene Zauberwelten, sondern eine kontaminierte, aus dem Uranbergbau zurückgelassene und für Menschen möglicherweise für Generationen gesperrte Landschaft.

Die Arbeit entstammt dem Werkzyklus Lupin, fougère, genêt (Dt. Lupine, Farn, Ginster, seit 2024) und ist Teil von Kriemanns langjähriger Auseinandersetzung mit anthropozentrischen, extraktiv ausgebeuteten, oftmals auch radioaktiv verstrahlten Landschaften. Eine der Leitfragen dieser Arbeit ist: Wie lässt sich »schleichende Gewalt« (Rob Nixon) sichtbar machen, die sich durch menschliches Handeln langsam und stetig in die Erdoberfläche einschreibt, sie kontaminiert?

In Frankreich begann die Geschichte des französischen Uranbergbaus in Limoges. Nördlich der Stadt wurde zwischen 1948 und den frühen 2000er-Jahren Uran für die Stromerzeugung gefördert. Nach der Schließung der Minen wurden diese mit Wasser geflutet, die entstandenen künstlichen Seen transformierten die Landschaft in ein Erholungsgebiet, das neben einer Uranabfalllagerstätte ein interaktives technikaffines Museum beherbergt. In dieser Erzählung werden Nuklearindustrie und Extraktion neben dem Sperrgebiet in ein positives Licht gerückt.

Eine Gegenerzählung liegt in der verstrahlten Landschaft und deren Vegetation neben dem Wasser, sie verstoffwechselt die Kontamination und archiviert somit die Geschichte der Uranförderung. Vor Ort lotet Susanne Kriemann Möglichkeiten der Sichtbarmachung von Welten aus, die mehr als nur menschlich sind. Sie rückt Pflanzen als Akteure in kontaminierten und traumatisierten Terrains ins Bild. Zu sehen sind diese Aufnahmen in einer der anthropozentrischen Landschaft nachhallenden Szenografie noch bis zum 18. Mai 2025 in der aktuellen Ausstellung Susanne Kriemann: Ray, Rock, Rowan (Being a Photograph) bei Camera Austria Graz.

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