Nach der Niederschlagung der Massenstreiks gegen das 4. Lohn-Preis-Abkommen im Oktober 1950 hatten die österreichischen Kommunisten einen schweren Stand. Fast tausend von ihnen wurden in den Betrieben entlassen, hunderte strafversetzt. Die Repression traf auch die Künstler. Das machte sich im Sommer darauf beim Wahrzeichen der Salzburger Festspiele bemerkbar, Hofmannsthals Stück vom Sterben des reichen Mannes, in dem Karl Paryla nicht einmal den Teufel mimen durfte.
Paryla war 1948, nach seiner Rückkehr aus dem Schweizer Exil, der KPÖ beigetreten und hatte im selben Jahr das Neue Theater in der Scala mitbegründet, das 1956 den politischen Sanktionen und Schikanen zum Opfer fallen sollte. Aber davon war noch keine Rede, als er im Sommer 1951 Verse aus dem Jedermann mit Anspielungen auf Kanzler Figl, Marshall-Plan, Koreakrieg und Nato ergänzte.
Aktueller Anlass war die US-amerikanische Divisionskaserne Camp Roeder in Wals-Siezenheim, die ab Juni 1951 gegen den Protest der Bevölkerung errichtet wurde: »Die Festspielstadt fragt mehr als grantig: / Seit wann liegt Salzburg am Atlantik?« Nach dem Abzug der Besatzungstruppen 1955 übernahm das neugegründete Österreichische Bundesheer die Kaserne.
Karl Paryla macht Zwischenrufe für den Salzburger »Jedermann«
Jetzt habet allsamt Achtung, Leut ...
A Platz kost 150 Schilling heut!
Der Stoff ist kostbar von dem Spiel ...
Denn mit die Rohstoff schiebn’s zuviel!
Kommen Verwandte und fremde Gäst ...
Zum Beispiel 15.000 Soldaten aus West!
Wir wollen jetzt vors Stadttor gehen ...
Da könnts a Militärstadt bauen sehen!
Wollen dort das Grundstück uns ansehen ...
Das Raupenschlepper grad ummähen?!
Obs tauglich ist für einen Lustgarten ...
Mit Aussicht auf an Militärstützpunkt, an aparten!
Ich frage, sind hier Zweifel im Spiel?
Natürlich, puncto Salzburg viel:
Die Festspielstadt ist jetzt der Schopf
von dem Atlantikblock sein’ Brückenkopf!
Ich geb es auf, ich kehr mich um,
mich ekelts hier, ich geh nach Haus ...
Doch die Besatzung rundherum
geht nicht nach Haus – sie dehnt sich aus!
Und nun laß uns die Reis antreten …
Wär auch a Red für regierende Marionetten!
Merks Poldi! Nachahmung erbeten!
Ein prächtig Schwelger und Weinzecher ...
Beim Trinken sind’s stark, beim Regieren schwächer.
Ungläubig als ein finsterer Heide,
in Wort und Taten frech vermessen ...
Er hat sein Land und Volk vergessen
Im grünen, braunen und schwarzen Kleide.
Witwen- und Waisengutsverprasser ...
Ein Wirtschaftsführer von reinstem Wasser!
Mir fehlen ihn zu malen die Wort ...
Der Justiz fehln’s a, das ist ihr Sport!
Die Welt ist dumm, gemein und schlecht,
Auch geht Gewalt allzeit vor Recht ...
Was wiederum verblüffend echt
auf Siezenheim just passen möcht!
Herr, lass das Ende sanft uns sein ...
Jetzt sinkt er in die Erd hinein
und wartet, bis im Bombenkrieg
er samt der Erd zum Himmel flieg.
Derweil fliegt auf ein Taubenpaar
am Domplatz. Und die Taubenschar
bringt uns den Frieden dieser Welt,
der jedermann vom Krieg abhält.
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