KPÖ – die ersten Nachkriegsjahre

von Heimo Halbrainer

530 wörter
~3 minuten
KPÖ – die ersten Nachkriegsjahre
Manfred Mugrauer
DIE POLITIK DER KPÖ 1945–1955
Von der Regierungsbank in die innenpolitische Isolation
V&R Unipress, 2020, 833 Seiten
EUR 78,00 (AT), EUR 75,00 (DE), CHF 95,00 (CH)

In Österreich wird regelmäßig aus Anlass »runder« Gedenktage historischer Ereignisse gedacht: Heuer stand der 75. Jahrestag der Befreiung vom NS-Regime und der Beginn der Zweiten Republik auf der Agenda. Die Medien erzählten – wie in den Jahrzehnten zuvor – eine rot-weiß-rote Erfolgsgeschichte, die ungefähr so geht: Männer (kaum Frauen) sind aus dem Widerstand gekommen, haben das Heft des Handelns bereits im April 1945 in die Hand genommen und eine provisorische Regierung gebildet. Nach der Anerkennung durch die Alliierten wurden noch im November 1945 Wahlen ausgerufen, bei denen die politischen Gegner der Ersten Republik in Form von ÖVP und SPÖ eine fast hundertprozentige Zustimmung erlangten. Nicht Teil dieser Erzählung ist jene Partei, die während der NS-Zeit große Opfer erbracht und die gemeinsam mit den beiden anderen Parteien diese Zweite Republik gegründet hat: die KPÖ. Mit ihrem schlechten Abschneiden bei den Wahlen im November 1945 (nur etwas mehr als fünf Prozent) verschwand sie angeblich in der Bedeutungslosigkeit. Wenn auch nicht ganz, tauchte sie doch in den Auseinandersetzungen während des Kalten Krieges und in den historiographischen Nachbetrachtungen desselben regelmäßig wieder auf. Dabei wurde und wird ihr teils bis heute unterstellt, sie habe 1948 die Teilung Österreichs befürwortet und wollte durch einen Putsch an die Macht gelangen, zuletzt im Oktober 1950.

Dieser Erzählung hat Manfred Mugrauer, der wissenschaftliche Sekretär der Alfred Klahr Gesellschaft mit »uneingeschränktem Zugang zum Zentralen Parteiarchiv der KPÖ«, ein voluminöses Werk entgegengestellt. Er breitet darin die Politik der KPÖ im ersten Nachkriegsjahrzehnt von der noch im Exil entwickelten Volksfrontprogrammatik bis hin zum langsamen Umdenken im Zuge des welt- und innenpolitischen Gegenwinds aus. Das Buch ist daher eine politische Geschichte der KPÖ von einer illegalen Partei hin zu einer Massenpartei mit teils sehr detaillierten Angaben über die Organisationsentwicklung. Dabei geht Mugrauer auch auf so manche Mythen bürgerlicher Geschichtsschreibung ein und widerlegt diese, wie etwa, dass 1945 die »Moskauer Clique« – also die aus dem Moskauer Exil nach Österreich zurückgekehrten Kommunisten – die im Land Aktiven an den Rand gedrängt und diese fortan die Politik der KPÖ bestimmt hätten.Mugrauer zeigt aber auch, dass die KPÖ nicht erst im Zuge des Kalten Krieges, sondern bereits im Jahr 1945 in die Defensive gedrängt worden war und die Nachkriegskonstellation von Anfang an einer lose-lose situation für die KPÖ gleichkam. So hat sie als »Staatspartei« 1945 aus Rücksicht auf die demokratische Zusammenarbeit, aber auch aus außenpolitischen Gründen politische Weichenstellungen (zum Beispiel die Verfassungsfrage) mitgetragen, die ihrer eigenen Position entgegenstanden. Letztlich trat sie im November 1947 aus der Regierung aus und betrieb fortan Oppositionspolitik. Daher ist das Buch auch als Geschichte einer Oppositionspartei in den sozialen Kämpfen der ersten Nachkriegsjahre zu lesen. Im Mittelpunkt standen dabei die Lohnkämpfe entlang der Lohn-Preis-Abkommen, die zu erheblichen Reallohnverlusten geführt hatten. Mittels angeblicher geheimer Pläne der KPÖ, zum Teil plumper Fälschungen, die regelmäßig gerade dann in den Medien auftauchten, wenn ein Abkommen beschlossen wurde, konnte die Regierung die sozialen Kämpfe als kommunistische Putschversuche desavouieren. Mit einer Vielzahl an Quellen weist Mugrauer diese und andere Mythen zurück, weshalb das Buch eine Korrektur der bis heute gängigen Geschichtserzählung ist.

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