Frieden heißt Klassenkampf

von Gerhard Hanloser

Illustration: Aelfleda Clackson

Antimilitaristen haben in bislang ungewohnter Weise das liberale Establishment gegen sich, das seinerseits eine immer illiberalere Form annimmt.


957 wörter
~4 minuten

Eine breite Querfront und große Koalition von Friedensbewegungsfeinden machte in den letzten Wochen in Deutschland Stimmung gegen antimilitaristische, friedenspolitische und pazifistische Meinungen. Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck nannte anlässlich der Ostermärsche 2022 den Pazifismus einen »fernen Traum«. Der FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff warf der ganzen Friedensbewegung und den Ostermarschierern vor, als »fünfte Kolonne« Wladimir Putins zu fungieren – und fand so Anschluss an die alten Diskursstrategien des Antikommunismus aus Zeiten des Kalten Kriegs. Aufmerksamkeitsorientierte Influencer wie Sascha Lobo vom Spiegel oder der Welt-Journalist Deniz Yücel ergingen sich in haltlosen Attacken auf linke und friedensbewegte Milieus (»Lumpenpazifismus«). In Berlin kam es zu einem kleinen »alternativen Ostermarsch« syrischer und ukrainischer Aktivistinnen und Aktivisten mit der eindeutigen Ausrichtung: »Stoppt russische Kriege – für Freiheit und Gerechtigkeit« und der Behauptung, dass aktuell »Demokratien« gegen »Autokratien« stünden, wobei apodiktisch behauptet wurde, die »Kriegsgefahr geht von Autokraten aus«. Damit sind etwa die US-Kriege jüngster Zeit, vom NATO-Krieg gegen Serbien 1999 bis zum völkerrechtswidrigen Irak-Krieg 2003, vergessen gemacht.

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