SPÖ im Sinkflug

von Trautl Brandstaller

Illustration: Ūla Šveikauskaitė

Statt Inhalte zu diskutieren, flüchtet sich die Sozialdemokratie wie üblich in eine Personaldebatte.


379 wörter
~2 minuten

Die Niederlage der SPÖ in Niederösterreich und ihre vorhersehbaren Verluste bei den kommenden Landtagswahlen in Kärnten und Salzburg sorgen bei der Parteiführung für Schockstarre. Die Parteichefin Pamela Rendi-Wagner hüllt sich in vornehmes Schweigen, dafür sind die Pseudo-Analytiker aus der zweiten und dritten Reihe umso beredter und erklären ihre eigenen ideologischen Leerstellen zu Visionen für die Zukunft. So »analysieren« sie, dass der große Sieger in Niederösterreich, der Bürgermeister von Traiskirchen, Andreas Babler, »zu links positioniert« sei, schließlich müsse sich die Sozialdemokratie »darum kümmern, Stimmen rechts der Mitte zu gewinnen«.

Die meisten Kommentatoren sind sich dagegen einig, dass es »kein Zurück zu den Rezepten der neunziger Jahre geben kann«. Kein Zurück! Gut, aber wie vorwärts? Woran es mangelt, ist die Analyse des späten neoliberalen und globalen Kapitalismus. Wer ihn aber nicht analysieren will, bleibt in seiner Politik hoffnungslos antiquiert. Das registrieren auch die Wähler und Wählerinnen, die keine Antworten erhalten auf Fragen, welche sie existenziell beschäftigen, und die die Aussicht auf einen radikalen Kurswechsel nicht mehr fürchten.

Statt neue Inhalte zu diskutieren – von Arbeitszeitverkürzung und neuer Industrie bis zu einem neuen Steuersystem, von neuer Bildung bis zu neuer Demokratie –, flüchtet sich die SPÖ derweil wie üblich in eine Personaldebatte.

Seit der einstige Bundesgeschäftsführer Andreas Rudas die SPÖ auch programmatisch auf den Dritten Weg Tony Blairs und Gerhard Schröders einschwor, ist ein Vierteljahrhundert vergangen. Heute wäre es angezeigt, diese Periode einer kritischen Überprüfung zu unterziehen. Dies böte auch Gelegenheit, die kritischen Geister im Land zu sammeln und eine breite öffentliche Debatte auszulösen. Dabei könnte man entdecken, dass es auf der linken Seite noch immer eine Menge von Talenten gibt, die von den gegenwärtigen Machthabern ignoriert werden.

Stattdessen lässt sich die SPÖ in einen sinnlosen Wettbewerb mit FPÖ und ÖVP in der Migrationsfrage ein, den sie nur verlieren kann.

Die Frage der wachsenden sozialen Ungleichheit, die Kluft zwischen der schamlosen Bereicherung der obersten zehn Prozent und den stagnierenden und schrumpfenden Einkommen der übrigen 90 Prozent lässt sie links liegen. Wenn sie diese Strategie weiterhin verfolgt, ist sie zum Untergang verurteilt – und das Entstehen einer »neuen Linken« mehr als notwendig.

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