Automatisch dichten
von Helmut Neundlinger
Jörg Piringer legt mit »günstige intelligenz« die erste hybride Poetik zu einer von künstlicher Intelligenz generierten Dichtung vor.
»Wer spricht?«, lautet eine zentrale Frage des poetologischen Diskurses seit der Moderne. Verhandelt wurde dabei die Neufassung der »allwissenden«, auktorialen Instanz, die durch die ästhetischen Revolutionen gleich mehrere gründliche Dekonstruktionen erfuhr. Zum neuen »Souverän« ausgerufen wurde der Text selbst, und auch dieser erlitt durch die Entdeckung von Sub-, Epi- und Paratexten eine systematische Relativierung.
Vom Tod des Autors, der Autorin war mehr als einmal die Rede, vom Tod der Literatur sowieso. Ohne diese viel zu endgültigen Metaphorisierungen von komplexen Transformationsprozessen literarischer Produktion aufwärmen zu wollen, verleitet die jüngste Debatte über das (auch) kreative Potenzial von künstlicher Intelligenz (KI) und Programmen wie ChatGPT zunächst zu vertraut antiquierten kulturpessimistischen Reflexen. Nicht minder problematisch erscheint demgegenüber das euphorisierte Schwadronieren über die neuen Möglichkeiten, die an der Schnittstelle von menschlicher und künstlicher Kreativität erscheinen.
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