Die Lohnverhandlungen in der Metallbranche haben Anfang Oktober die erwartungsgemäß umkämpfte Herbstlohnrunde eingeläutet. Das provokativ anmutende Erstangebot der Industrie von 2,5 Prozent plus Einmalzahlungen bei einer gewerkschaftlichen Forderung von 11,6 Prozent war ein erster kleiner Eklat. Die Verhandlungen in der Metallindustrie gelten als wegweisend für die Lohnabschlüsse in anderen Branchen und lassen einen heißen Herbst erwarten.
Die kollektive Lohnfindung in Österreich wird oft als letzte Bastion der Sozialpartnerschaft gesehen. Bis auf wenige unrühmliche Ausnahmen gilt für fast jedes Arbeitsverhältnis ein Kollektivvertrag, der nicht nur Mindestlöhne und Gehaltsvorrückungen, sondern auch Arbeitszeiten und Urlaubsgeld festschreibt. Auch wenn in der Vergangenheit vereinzelt Kritik am institutionalisierten Klassenkompromiss geübt wurde, ist die kollektive, solidarische Lohnfindung eine historische Errungenschaft.
Die laufende Herbstlohnrunde wird durch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erschwert. Die maßgebende rollierende Inflation, also die durchschnittliche Teuerung der letzten zwölf Monate, liegt deutlich über der aktuellen Inflationsrate und lässt die Lohnforderungen hoch erscheinen. Das war 2022 noch umgekehrt, und es gab in den meisten Branchen besonders in den unteren Gehaltsstufen deutliche Reallohnsteigerungen. Da die Gewinne und Ausschüttungen gleichzeitig auf Rekordniveau sprudelten, ist die Klage über mangelnde Spielräume für lebensstandardsichernde Lohnerhöhungen bloß ein Säbelrasseln der Industrie. Damit sinken jedoch die Chancen, dass diese Herbstlohnrunde nur am Verhandlungstisch stattfindet.
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