»Ein Schurke mit Widersprüchen«

von David Mayer

Fotos: Christopher Glanzl

Eduardo Pogoriles lotet in einem Roman das Leben von Fritz Mandl aus. Mandl war im Österreich der Zwischenkriegszeit Waffenproduzent und Heimwehr-Financier, als Jude aber musste er fliehen.


1928 wörter
~8 minuten

David Mayer | Du hast eine Art »biografischen Roman« über Fritz Mandl geschrieben, den legendären Eigentümer der Hirtenberger Munitionsfabrik, bekannt seit den 1920er-Jahren als »Patronenkönig«. Wie und wann bist du als argentinischer Autor auf diese Figur gestoßen, und was hat dich an ihr fasziniert?

Eduardo Pogoriles | Zunächst, darauf kommen wir später sicher genauer zu sprechen, ist Fritz Mandl auch eine argentinische Figur: Nachdem die Nazis seine Munitionsfabrik in Österreich arisiert hatten, verbrachte er immerhin fast 20 Jahre seines Lebens in Argentinien, war dort bis Mitte der 1950er-Jahre eine öffentliche, bisweilen skandalträchtige Figur. Heute ist er in Argentinien beinahe vergessen. Ich stieß jedenfalls eher zufällig auf ihn, als ich 2009 während eines Urlaubs in der Provinz Córdoba die Kleinstadt La Cumbre besuchte. Diese war seit dem 19. Jahrhundert unter den Wohlhabenden als Ort fürs Sommerfrischen beliebt. Dort entdeckten wir das Castillo Mandl, einen mondänen, schlossähnlichen Landsitz, den Fritz Mandl 1944 erworben hatte. Schon zuvor, 2008, war ich auf Besuch in Wien gewesen und hatte mir dort die Argentinierstraße angeschaut. Die heißt ja so wegen der humanitären Hilfe Argentiniens für das nach dem Ersten Weltkrieg hungerleidende Österreich. In dieser Straße fand sich früher auch der Sitz der Hirtenberger Munitionsfabriken. Als ich diese beiden eher zufälligen Entdeckungen verknüpfte, war meine Neugier geweckt. Wie ich mich aber daran machte, weiter zu recherchieren, erkannte ich, dass es sehr wenige zugängliche Information gab – die erste geschichtswissenschaftlich fundierte Biografie der Historikerin Ursula Prutsch sollte ja erst 2022 herauskommen (erschienen im Molden-Verlag unter dem Titel Wer war Fritz Mandl?, Anm.). Deshalb war mir schnell klar, dass ich mich der Biografie Mandls nur in literarischer und intuitiver Weise nähern konnte.

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