Es kommen
härtere Tage

von Sebastian Kugler

Fotos: Polyfilm

50 Jahre nach ihrem Tod hat der Voyeurismus um Ingeborg Bachmann noch immer kein Ende, wie ein neuer Film belegt.


1132 wörter
~5 minuten

Pünktlich zu Ingeborg Bachmanns 50. Todestag am 17. Oktober kam Margarethe von Trottas Film Ingeborg Bachmann – Reise in die Wüste in die Kinos. Die Hommage beeindruckt zunächst als Reigen opulenter und glanzvoll ausstaffierter Szenerien. Dabei wirken die Straßen Roms, ja sogar die Wüstenlandschaften nicht weniger sauber und ordentlich als das dafür notorische Zürich. Gleiches gilt für die Figuren: Der wunderschönen Bachmann liegt im Film ausnahmslos jeder Mann, dem sie zwischen Paris und Kairo begegnet, nicht nur metaphorisch zu Füßen; der Gruppensex im exotistischen ägyptischen Hotelzimmer wird zum Tableau vivant stilisiert. Dem im Film referenzierten Kostümepos Lawrence von Arabien ist von Trottas Werk so unähnlich nicht.

Die Wüste will von Trotta dabei explizit als Ort der Befreiung und Erlösung für Bachmann verstanden wissen. In Bachmanns direkt nach der Ägypten-Reise entstandenen Entwürfen für ein »Wüstenbuch« sowie in dem daraus hervorgegangenen Romanfragment Der Fall Franza erscheint die Wüste im Gegensatz dazu als Ort, an dem die Protagonistin ihre Heilung sucht und ihre Vernichtung findet. Franza wird vergewaltigt und zerschlägt sich danach selbst an den Steinen der Pyramide den Kopf – ein radikaler Bruch, welcher der Weichzeichner-Ästhetik des Films diametral entgegensteht.

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