Das Auto ist in der Klimakrise ein zentraler Kampfplatz geworden. Während rückwärtsgerichtete Glaubensbekenntnisse zum »Autoland Österreich« zuletzt staatsoffiziell wurden, sind die gängigen Alternativen kaum besser: Das als Lösung gepriesene E-Auto hält am Paradigma des motorisierten Individualverkehrs fest und verspricht zu einer Triebfeder dessen zu werden, was man als neuen globalen »Klimakolonialismus« bezeichnet. Eine grundlegende Kritik am Auto bleibt derweil noch in der Minderheit. Sie fußt jedoch auf einer Tradition, die weit vor die Debatte um Klima und Erderwärmung zurückreicht. So führte im Jahr 1974 Theodor Prager, Ökonom und Wirtschaftsredakteur des Wiener Tagebuch, eine Reihe von Punkten ins Feld, die auch heute noch die Debatte mitprägen: die hohen Umwelt- und Gesundheitskosten des Autoverkehrs, die enormen, aber oft versteckten öffentlichen Subventionen für das Auto und seine Infrastrukturen oder die damit verbundenen Arbeitsplätze (die gerne von jenen ins Treffen geführt werden, die sich sonst um Arbeiternehmeranliegen wenig scheren). Markant verwies Prager auch darauf, in welchem Maße das Auto sowohl materiell als auch symbolisch dazu beitrug, dass sich die Arbeiterbewegung strukturell in die kapitalistische Normalität integrierte. Aus einer politischen Transformationsbewegung wurde ein Stück weit eine individualistische Motorisierungsbewegung. Theodor Pragers Glosse könnte aus dem Hier und Jetzt stammen, sein Verweis auf »Gaskammern« offenbart dagegen eine relativ weit zurückliegende Zeit – heute würde man aus guten Gründen von derlei Vergleichen absehen.
Theodor Prager
Die Autolobby hat’s in sich
»Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?« fragte Bertolt Brecht. Und was ist ein alkoholisierter, ja sogar ein schießwütiger Autofahrer gegen die Inserate der Autolobby? Während Rettung und Feuerwehr kaum mehr nachkommen beim Bergen der Straßenverkehrsopfer und beim Abschleppen der Wracks, während sich die Städte in Gaskammern verwandeln und Böden und Gewässer zusehends von abgelassenem Öl und ausgeronnenem Benzin verseucht werden, heizen Radio und Zeitungen den Autowahnsinn immer aufs neue an mit ihren Lobpreisungen von den neuesten Traumwagen und den köstlichen Edelsäften und chemischen Giftstoffen. [...]
Schlimm genug, daß selbst eine »Arbeiter-Zeitung« auf eine Motorbeilage nicht verzichten zu können glaubt, finden sich dort noch solche demagogische Einbegleitungen zu den Inseratenplantagen wie die folgende (5. Oktober): »Alle bisher durchgeführten Untersuchungen der Industrie« (nämlich der Autoindustrie!), »aber auch der Konsumentenorganisationen« (nämlich der Autofahrer!), »haben eindeutige erwiesen, daß aus technischen Gründen, aber auch aus Kostengründen, unter den möglichen Alternativen das herkömmliche Automobil wichtigstes Verkehrsmittel bleiben wird.« [...]
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Auf die dreiste Behauptung, es gäbe »keine Alternativen« zu der herrschenden, von Hunderttausenden energie-, raum- und nervenfressenden Privatautos verursachten Straßenverstopfung und Luftverpestung, wollen hier gar nicht weiter eingehen, es ist ja längst nachgewiesen, daß Autobusse und Schienenverkehr dem reinen Verkehrserfordernis weit effizienter und umweltfreundlicher Genüge tun können. [...]
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[B]isher hat noch jede Kosten-Nutzen-Rechnung in jedem Industriestaat bewiesen, daß der Autofahrer zwar von den Auto-, Erdöl-, und Versicherungskonzernen, daneben auch von den Importeuren, Reifenfirmen, Großreparaturwerkstätten usw. gerupft, von den nicht autofahrenden Steuerzahlern jedoch auf vielfältige Weise subventioniert wird. (Man es auch umgekehrt sagen: der Staat kommt für Straßenbau, Verkehrspolizei, Unfallspitäler usw. auf, damit die Massenmotorisierung überhaupt möglich wird und das Autogeschäft blühen kann.)
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