Elias Holzknecht: Das Spezifische des Alltags
von Christina Töpfer
»Bilder der Auseinandersetzung« 2|25

Durch Zufall stieß Elias Holzknecht in einem historischen Baedeker-Reiseführer über Österreich-Ungarn auf die Gemeinde Micheldorf in Oberösterreich. Holzknecht, der im Ötztal aufgewachsen ist und zu jener Zeit im belgischen Gent Fotografie studierte, setzte sich schon länger mit der Frage auseinander, auf welche Weise jene Regionen und Gesellschaften, in denen wir sozialisiert sind, identitätsstiftend wirken. Sein Interesse an Micheldorf wurde bestärkt, als er feststellte, dass es noch drei weitere gleichnamige Orte in Österreich gibt.
Während seiner Besuche, die Holzknecht den verschiedenen Micheldorfs ab 2021 über eineinhalb Jahre hinweg abstattete, war es nicht sein Anliegen, deren Sehenswürdigkeiten und zentrale Plätze in den Blick zu nehmen. Es ging ihm vielmehr darum, den Alltag der Bewohner:innen, die von ihnen geformten und frequentierten Orte sowie die Menschen selbst zu porträtieren. Der topografische Ansatz der Landschaftsfotografie und Porträtaufnahmen stehen dabei gleichberechtigt nebeneinander, wobei sich Schwarz-Weiß- und Farbaufnahmen abwechseln.
Das Projekt Micheldorf Micheldorf Micheldorf Micheldorf, das im Herbst 2024 auch als dreibändige Publikation beim niederländischen Verlag The Eriskay Connection erschienen ist, bringt die Linearität klassischer Narration und damit verbundene vermeintliche Kausalitäten in Bewegung. Weder im Ausstellungskontext noch in den Büchern, in die auch verschiedene, nicht weiter ausgewiesene Zitate von Bewohner:innen und aus literarischen Texten eingestreut sind, lässt sich herauslesen, in welchem der vier Micheldorfs die Fotografien entstanden. Mit seinem behutsamen Blick auf österreichische (Kultur-)Landschaften erkennt Elias Holzknecht das Unvermögen der Fotografie an, etwas »repräsentativ« dokumentieren zu wollen. Stattdessen eröffnet er einen Raum, in dem sich die Komplexität und Vielschichtigkeit des vermeintlich Leicht-zu-Fassenden vermittelt und der typologischen Ansätzen das Spezifische des Alltags entgegenstellt.

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