Im Gefängnis gibt es keine Achtung der Person und keinen Respekt, auch nicht gegenüber dem Wort – nicht dem gesprochenen und nicht dem geschriebenen. Es gibt Sadismus, Hunger, Folter und Missbrauch. Und es gibt keine Möglichkeit zu entkommen. Briefe zu schreiben sicherte den Gefangenen auf den »isole di confino« – den seit 1926 existierenden Verbannungsinseln des faschistischen Regimes in Italien – das psychische Überleben. Es gab jemanden, der ihnen regelmäßig Stifte, Papier, Umschläge und Briefmarken brachte.
Ursula wird kommen. Im Oktober 1941 besucht sie die im Tyrrhenischen Meer liegende Verbannteninsel Ventotene nicht zum ersten Mal. Seit zwei Jahren kommt sie in regelmäßigen Abständen vom Festland, doch eigentlich aus Berlin. Ein Jahr vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges in eine jüdische Familie hineingeboren, trat sie mit ihrem Bruder Albert noch während der Schulzeit in die Jugendorganisation der deutschen Sozialdemokratischen Partei ein und gehörte zu den frühen Gegner:innen Hitlers. 1935 war Ursula Hirschmann nach einem Zwischenaufenthalt in Paris Eugenio Colorni nach Triest gefolgt und engagierte sich dort im antifaschistischen Widerstand. Nachdem dieser 1938 ins faschistische »Polizeiexil« verbannt wurde, nutzt sie ihre Bewegungsfreiheit zwischen dem Festland und der Insel; zu Hause versorgt sie zwei Kinder.
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