In ihrem Beitrag »Wie wir untergehen« (TAGEBUCH NO 5/2021) plädieren Nikolaus Dimmel und Alfred J. Noll angesichts der sich zuspitzenden ökologischen Krise und insbesondere der Klimakrise für einen direktiven, ja autoritär agierenden Staat als einzige Möglichkeit gegen die anstehenden sozialen Verwerfungen und weitere Naturzerstörungen. Dieser Staat müsse eine globale Kostenwahrheit herstellen, Umwelt- und Energieverbrauch demokratisieren, entsprechende Gesetze und Verbote schaffen sowie die Überwachung und die soziale Kontrolle verbessern.
Der Beitrag verweist schonungslos auf die aktuell unzulänglichen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bemühungen, die ökologische Krise zu bearbeiten. Und er ist angetrieben von Wut, nämlich Wut auf die Grünen und die »bemühten Öko-Engagierten«.
Tatsächlich agieren die grünen Parteien – zumal in Regierungen – zwar durchaus im Sinne eines ökologischen Umbaus, doch verbleiben diese Ansätze viel zu oft im Korridor von ökologischer Modernisierung und »Marktlösungen«. Wirtschaftliche Macht und Interessen werden in der Regel nicht thematisiert, geschweige denn angegangen. Die österreichischen Grünen sind ein gutes Beispiel dafür.
Ich stimme mit der grundlegenden Diagnose überein, dass die ökologische Krise viel mit Kapitalismus und den entsprechenden Machtverhältnissen zu tun hat und mit einem im Einzelfall unproblematischem Verhalten (Fliegen, Autofahren, Eigenheim), das in der Kumulation zum Problem wird. Die nicht nachhaltige Produktions- und Lebensweise – Dimmel und Noll verweisen hier auf Bourdieu und Gramsci – ist tief in den Alltagspraxen unserer Gesellschaft verankert. Übrigens nicht seit Beginn des Kapitalismus, wie die Autoren suggerieren, sondern erst seit einer bestimmten Phase, insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg, als der Fordismus mit Massenproduktion und Massenkonsum zu rasch zunehmendem Wohlstand führte.
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