Unlängst wurde ich bei einer Veranstaltung zum wiederholten Male gefragt, was für mich der Begriff »Heimat« bedeute. Da diese Frage hierzulande ein Evergreen im Repertoire von Moderatoren ist, werde ich den Eindruck nicht los, ihr ewiges Wiederholen diene allein der ihr innewohnenden Dialektik, nämlich einer unausgesprochenen und doch impliziten Angst vor dem Heimatverlust selbst. Vor dem Hintergrund der jüngsten politischen Entwicklungen in Österreich sah ich mich also gezwungen, den erwartungsvoll auf mich gerichteten Blicken – und bei dieser Frage sind sie immer erwartungsvoll – Antwort zu stehen, wenngleich meine Mitbürger nicht wissen müssen, dass ich, seitdem ich eine Heimat bereits verlor, die Illusion pflege, eine zweite nicht zu brauchen. Dennoch antwortete ich den Anwesenden mit den Worten des serbischen Schriftstellers Vladimir Pištalo, denen nach eine Heimat dort zu verorten sei, wo man sich besonders schäme – wo man sich sogar für die Farbe der öffentlichen Verkehrsmittel schäme; und weil ich mich gerade besonders für Österreich schäme, könne das nur bedeuten, dass meine Heimat Österreich sei.
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