Was schiefläuft, wer mitläuft

von Erich Hackl

»Die Gegenstimme«: Das fulminante Romandebüt des österreichischen Dramatikers Thomas Arzt.

Am 10. April 1938, einen knappen Monat nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht, sollte der »Anschluss« Österreichs an Nazideutschland durch eine Volksabstimmung nachträglich legitimiert werden. Von der Stimmabgabe ausgeschlossen waren etwa acht Prozent der Bevölkerung: 200.000 Juden, 177.000 »Mischlinge« sowie all jene, die bereits als Feinde des neuen Regimes erkannt und verhaftet worden waren: Kommunisten, Sozialistinnen, Monarchisten, führende Politiker und Amtsträger der austrofaschistischen Schuschnigg-Diktatur. Als reichten die terroristischen Maßnahmen noch nicht für eine hohe Zustimmung auf die Frage: »Bist Du mit der am 13. März 1938 vollzogenen Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich einverstanden […]?«, aktivierten die nationalsozialistischen Machthaber eine gewaltige Propagandamaschinerie, bedrängten säumige Wahlberechtigte und sorgten durch die plumpe Gestaltung der Stimmzettel – ein großer Kreis unter dem Ja, ein kleiner, an den rechten Rand gerückter unter dem Nein – sowie durch den faktischen Zwang, die Stimme nicht in der Wahlkabine, sondern vor aller Augen abzugeben, für das überwältigende Votum von 99,6 Prozent Ja-Stimmen bei einer ebenso überbordenden Beteiligung von 99,7 Prozent aller Wahlberechtigten.

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